Lotte Thiel, Norbert Schneider
Rz. 1
§ 32 ergänzt den sich aus § 23 Abs. 1 ergebenden allgemeinen Grundsatz, wonach sich die Gebühren des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren und außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, insoweit der Gegenstand gerichtlich gemacht werden könnte, nach dem für die Gerichtsgebühren geltenden Wert richten.
1. Bindung an die gerichtliche Wertfestsetzung
Rz. 2
Die Vorschrift des § 32 regelt über diesen Grundsatz hinausgehend die Bindung des Anwalts an die Wertfestsetzung des Gerichts für die Gerichtsgebühren, wenn er in diesem Verfahren im Auftrag einer Partei oder eines Beteiligten tätig wird (Abs. 1); nach Abs. 1 ist die gerichtliche Wertfestsetzung grundsätzlich auch für seine Gebühren maßgebend und bindend.
2. Fiktion der Rechtsstellung als Partei bzw. Beteiligter eines gerichtlichen Verfahrens
Rz. 3
Ferner bestimmt die Vorschrift die Rechtsstellung des Rechtsanwalts hinsichtlich der Wertfestsetzung in einem gerichtlichen Verfahren (§ 23 Abs. 1 S. 1). Da der Rechtsanwalt nicht Partei (§ 50 ZPO) eines Rechtsstreits oder Beteiligter (§ 7 FamFG) eines gerichtlichen Verfahrens ist, hat er kein Beschwerderecht, das er unmittelbar aus § 68 GKG, § 59 FamGKG, § 83 GNotKG, § 31 Abs. 3 KostO (insoweit noch das bis zum 31.7.2013 geltende Kostenrecht anzuwenden ist) herleiten könnte. Nach den Kostengesetzen sind nämlich immer nur diejenigen Beteiligten beschwerdeberechtigt, die für die Gerichtsgebühren einzustehen und sie im Ergebnis zu bezahlen haben. Eine entsprechende Verpflichtung kann sich grundsätzlich für den Rechtsanwalt, der im Auftrag seines Auftraggebers tätig wird, nicht ergeben. Wenn Abs. 1 ihn aber an den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert bindet, bedarf es auch der Abs. 2 entsprechenden Regelung, wonach ihm auch alle Möglichkeiten und Rechte zustehen, um die Wertfestsetzung mitzugestalten und gegen Entscheidungen und unterlassene Entscheidungen über die Wertfestsetzung vorzugehen.
a) Rechtsbehelfs- und Beschwerdemöglichkeit aus eigenem Recht
Rz. 4
Abs. 2 fingiert deshalb die Rechtsstellung des Rechtsanwalts als Partei eines Rechtsstreits oder Beteiligter eines gerichtlichen Verfahrens für das Wertfestsetzungsverfahren, um ihn gleichermaßen mit Antrags-, Rechtsbehelfs- und Beschwerderechten auszustatten. Diese Gleichstellung ist deshalb erforderlich, weil der Anwalt seine Gebühren grundsätzlich nach dem vom Gericht festgesetzten Streitwert berechnen muss (Abs. 1, § 23 Abs. 1) und er deshalb auch in dem Umfang beschwert sein kann wie ein Kostenschuldner oder die Landes- oder Bundeskasse durch eine Festsetzung nach dem GKG, dem FamGKG, dem GNotKG der KostO, die noch für diejenigen Fälle heranzuziehen ist, auf die noch das bis zum 31.7.2013 geltende Kostenrecht anwendbar ist oder anderen Gesetzen, die Bestimmungen über die Festsetzung des Werts für ein gerichtliches Verfahren enthalten (z.B. § 247 Abs. 1 AktG).
Rz. 5
Andere Gesetze, die Wertvorschriften außerhalb der Gerichtskostengesetze enthalten, gibt es aber deshalb kaum noch, weil der Gesetzgeber der Zersplitterung des Kostenrechts entgegenwirkt, indem er einzelne, nach bisherigem Recht noch in gesonderten Gesetzen enthaltene Wertvorschriften, wie z.B. in §§ 34 Abs. 2 bis 41 VwVfG a.F., durch das 2. KostRMoG aufgehoben und in das verfahrensrechtlich anwendbare Kostengesetz überführt hat (vgl. § 76 GNotKG).
Rz. 6
Insoweit das RVG Wertvorschriften für bestimmte gerichtliche Verfahren oder Teile des gerichtlichen Verfahrens enthält, sind diese für die Gerichtsgebühren nie maßgebend, auch wenn das Gericht sie auf Antrag des Rechtsanwalts festzusetzen verpflichtet ist (§ 33 Abs. 1). Eine Bindungswirkung über Abs. 1 scheidet aus. Der Umfang der Bindungswirkung ergibt sich dann aus § 33.
b) Antragsrecht auf Wertfestsetzung nach den Gerichtskostengesetzen aus eigenem Recht
Rz. 7
Insoweit § 32 Abs. 1 die Rechtsstellung des Rechtsanwalts als Partei eines Rechtsstreits oder Beteiligter eines gerichtlichen Verfahrens fingiert, ist ihm auch bei unterlassener Wertfestsetzung aus eigenem Recht die Möglichkeit eröffnet, nach den Vorschriften der Gerichtskostengesetze eine Wertfestsetzung durch berechtigte eigene Antragstellung zu erreichen (Abs. 2 S. 1, 1. Alt). Er ist darüber hinaus berechtigt, die in Betracht kommenden Rechtsbehelfe aus eigenem Recht einzulegen. (Abs. 2 S. 2). Ferner steht ihm auch das Recht zu, Rechtsmittel gegen die Wertfestsetzung einzulegen (Abs. 2 S. 1, 2. Alt.).
Rz. 8
Auch wenn der Wertansatz nach seiner rechtlichen Beurteilung durch das Gericht zu niedrig bemessen wurde, muss er gleichwohl danach abrechnen, selbst wenn der Wert unter Verstoß gegen zwingendes Recht festgesetzt worden ist. Das kann er nur verhindern, indem er die Wertfestsetzung mit Rechtsmitteln angreift (Abs. 2 S. 1), die er aus eigenem Recht einzulegen befugt ist, um einen höheren Wert durchzusetzen. Gelingt ihm das, dann darf er seine Gebühren nach dem berichtigten höheren Wert abrechnen.
Rz. 9
Die Rechte seines Mandanten nach den Gerichtskostengesetzen würden ihm nicht weiterhelfen. Zum einen hätte insbesondere der unterlegene Mandant kein Interesse daran, gegen eine zu niedrige Wertfestsetzung vorzugehen und damit den Kostenerstattungsanspruch des obsiegenden Verfahrensbeteiligten zu erhöhen. Zum anderen wäre der Mandant durch eine zu niedrige...