Lotte Thiel, Norbert Schneider
Rz. 64
Die Wertfestsetzung nach dem FamGKG ist derjenigen nach dem GKG nachgebildet. Die Verfahrensvorschriften weichen inhaltlich kaum voneinander ab.
1. Grundsatz bei der Wertfestsetzung
Rz. 65
Nach § 3 Abs. 1 FamGKG berechnen sich die Gerichtsgebühren in Familiensachen grundsätzlich nach dem Verfahrenswert bzw. im Falle eines Vergleichs über nicht anhängige Gegenstände (FamGKG-KostVerz. 1500) nach dem Vergleichswert, soweit nichts anderes bestimmt ist. Diese Werte hat das Gericht nach § 55 FamGKG von Amts wegen festzusetzen, damit die hiernach zu berechnenden Gebühren angesetzt werden können.
2. Anderweitige Bestimmungen im Sinne des § 3 Abs. 1 FamGKG
Rz. 66
Abweichend vom Grundsatz des § 3 Abs. 1 FamGKG gibt es Verfahren, in denen gar keine Gerichtsgebühren erhoben werden, die also gebührenfrei sind, wie z.B. die Verfahren über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe einschließlich des Abschlusses eines Mehrvergleichs (Anm. zu FamGKG-KV 1500) oder Verfahren in Kindschaftssachen, die die freiheitsentziehende Unterbringung eines Minderjährigen betreffen (Vorb. 1.3.1 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG-KostVerz). Eine Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG kommt in diesen Verfahren daher erst gar nicht in Betracht.
Rz. 67
Anderweitige Bestimmungen i.S.d. § 3 Abs. 1 FamFG, also Regelungen, nach denen die Gerichtsgebühren nicht nach dem Wert abgerechnet werden, finden sich im FamGKG-KostVerz. z.B. in folgenden weiteren Fällen:
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Jahresgebühren in Vormundschafts- und Dauerpflegschaftssachen (Nr. 1311, 1312 FamGKG KostVerz.), |
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Festgebühren in
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Vollstreckungssachen (FamGKG-KostVerz. 1600 ff.), |
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Verfahren mit Auslandsbezug (FamGKG-KostVerz. 1700 ff.), |
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isolierten Verfahren über eine Gehörsrüge (FamGKG-KostVerz. 1800), |
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Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren, soweit sie sich nicht gegen eine die Hauptsache abschließende Endentscheidung richten (FamGKG-KostVerz. 1910 ff.). |
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Rz. 68
Eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG ist in diesen Verfahren nicht zulässig. Zwar berechnen sich z.B. in Vollstreckungsverfahren die Anwaltsgebühren nach dem Gegenstandswert; dies ist aber keine Grundlage für die gerichtliche Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG von Amts wegen. In diesen Fällen ist auf Antrag des Rechtsanwalts eine gesonderte Wertfestsetzung ausschließlich im Verfahren nach § 33 Abs. 1 vorzunehmen, das anderen verfahrensrechtlichen Vorschriften und nicht dem FamGKG folgt.
Rz. 69
Voraussetzung für eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG ist, dass überhaupt Gerichtsgebühren erhoben werden und sich die zu erhebenden Gerichtsgebühren nach dem Verfahrenswert oder dem Vergleichs(mehr)wert richten. Das Gericht muss daher vor einer Festsetzung stets prüfen, ob überhaupt Gerichtsgebühren anfallen und diese sich nach dem Verfahrenswert richten. Ist dies der Fall, muss grundsätzlich eine Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG erfolgen. Ist dies nicht der Fall, dann darf das Gericht keinen Wert nach § 55 FamGKG festsetzen. Eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG hat daher insbesondere in Vollstreckungsverfahren, in Verfahren mit Auslandsbezug und in Verfahren über Beschwerden und Rechtsbeschwerden, die sich gegen Zwischenentscheidungen oder gegen den Rechtszug abschließende Entscheidungen, die nicht die Hauptsache betreffen, richten, zu unterbleiben, da hier wertunabhängige Festgebühren erhoben werden (FamGKG-KostVerz. 1600 ff., 1700 ff., 1900 ff. etc.).
3. Wertangabe bei Einreichung des Antrags
Rz. 70
Nach § 53 S. 1 FamGKG hat ein Antragsteller bei Einreichung eines Antrags den Verfahrenswert anzugeben, wenn dieser nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht, kein fester Wert bestimmt ist und er sich auch nicht aus früheren Anträgen ergibt. Die Obliegenheit zur Wertangabe gilt auch bei Einreichung einer Antragserweiterung oder eines Widerantrags. Die Angabe ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären. Sie kann jederzeit berichtigt werden (§ 53 S. 2 FamGKG).
Rz. 71
Bei der Pflicht zur Wertangabe handelt es sich lediglich um eine Sollvorschrift. Unmittelbare Sanktionen sind an die Verletzung der Obliegenheit zur Wertangabe nicht geknüpft. Mittelbar können sich allerdings Nachteile ergeben, wenn sich das Gericht infolge der unterlassenen Wertangabe veranlasst sieht, ein Sachverständigengutachten einzuholen (§ 56 S. 1 FamGKG, siehe Rdn 79) oder wenn es nach § 55 Abs. 1 S. 1 FamGKG einen zu hohen Wert ansetzt und der Antragsteller gegebenenfalls Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung nach § 58 FamGKG erheben muss (siehe Rdn 88), die zumindest Anwaltsgebühren auslöst (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. VV 3500).
Rz. 72
Soweit der Antrag in einer bestimmten Geldsumme besteht, bedarf es keiner Wertangabe. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Geldsumme in deutscher oder ausländischer Währung handelt (vgl. auch § 35 FamGKG). Eine Einschränkung wie in § 55 Abs. 1 S. 1 FamGKG für eine auf EUR lautende Währung, findet sich in § 56 FamGKG nicht.
Rz. 73
Festwerte kennt das FamGKG nur beim Mindestwert der Ehesache (3.000 EUR) und beim Mindestwert der Versorgungsausgleichssache (1.000 EUR), im Übrigen aber nicht, sondern lediglich veränderbare Re...