Lotte Thiel, Norbert Schneider
1. Selbstkontrolle
Rz. 122
Sinn und Zweck der Abhilfeprüfung ist es, die Kosten verursachende und zeitraubende Befassung des Beschwerdegerichts mit der Sache selbst zu vermeiden. Deshalb muss das Untergericht nach Eingang der Beschwerde seine Entscheidung überprüfen. Erkennt es dabei, dass ihm ein Fehler unterlaufen ist, dann muss es sie abändern. Ein Verstoß gegen diese Prüfungspflicht ist ein Verfahrensmangel, der zur Aufhebung und Zurückverweisung führen kann.
2. Abänderungsbefugnis
Rz. 123
Die Abänderungsbefugnis hängt nur vom Eingang der Beschwerde ab, nicht von deren Zulässigkeit. Über diese hat nur das Beschwerdegericht zu befinden. Das Untergericht darf sich daher der erneuten Überprüfung seines Beschlusses nicht mit der vorgeschobenen Begründung entziehen, es fehle eine Zulässigkeitsvoraussetzung, beispielsweise die nach Abs. 3 S. 1 erforderliche Beschwer. Es muss allerdings in diesem Fall den Beschwerdeführer auf die Unzulässigkeit der Beschwerde hinweisen und ihm Gelegenheit geben, das Rechtsmittel zurückzunehmen. Geht die Partei darauf nicht ein, dann ist die Sache dem Beschwerdegericht vorzulegen.
Rz. 124
Abhilfeberechtigt – und dann auch dazu verpflichtet – ist das Gericht nur, solange die Sache noch bei ihm schwebt. Hat es sie dem Beschwerdegericht vorgelegt, dann entfällt die Abhilfebefugnis. Weitere Schriftsätze sind fortan unmittelbar beim Beschwerdegericht einzureichen oder diesem vom Untergericht nachzureichen.
3. Begründungszwang
Rz. 125
Die Nichtabhilfeentscheidung ergeht in der Form eines Beschlusses. Er ist zu begründen, es sei denn, dass er sich ausschließlich auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses stützt. Dann genügt eine Bezugnahme darauf. In diesem Fall wird dem Beschwerdegericht häufig in der Form einer Verfügung vorgelegt.
Rz. 126
Unterbleibt eine gebotene Begründung des Nichtabhilfebeschlusses, dann kann das Beschwerdegericht ihn aufheben und die Sache zur erneuten Beschlussfassung und Begründung zurückverweisen.
Rz. 127
War der angefochtene Beschluss nicht oder nicht erschöpfend begründet, hält das Untergericht aber an seinem Ergebnis fest, dann kann diese Begründungslücke im Nichtabhilfebeschluss geschlossen werden. Ebenso darf das unveränderte Beschlussergebnis mit zusätzlichen Erwägungen begründet und gestützt werden.
4. Neue Beschwer
Rz. 128
Der Abhilfebeschluss kann unter Umständen für den Gegner des Beschwerdeführers eine Beschwer schaffen, wenn die Abhilfeprüfung ganz oder teilweise zu seinen Ungunsten ausfällt. Der Gegner kann dann eine eigene Beschwerde oder Anschlussbeschwerde einlegen.
Rz. 129
Hat das Erstgericht einer Beschwerde teilweise abgeholfen und legt daraufhin die andere Partei gegen den Abhilfebeschluss Beschwerde ein, dann ist das Beschwerdegericht mit zwei Beschwerden befasst. Darüber kann in einem einzigen Beschluss entschieden werden.
Rz. 130
Umstritten ist, ob Teilabhilfe eine Beschwerde unzulässig macht, wenn dadurch der Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 200 EUR (Abs. 3 S. 1) nicht mehr erreicht wird. Praktische Erwägungen sprechen dafür, dass es bei Teilabhilfe auf die verbleibende Beschwer ankommt. Das Verfahren ist deshalb so zu behandeln, wie wenn das Erstgericht von vornherein die nach seiner Auffassung richtige Bewertung vertreten und entsprechend entschieden hätte. Dann wäre dem Beschwerdeführer die Beschwerdeinstanz verschlossen gewesen. Es besteht kein zureichender Grund dafür, sie ihm nur deshalb zu eröffnen, weil das Erstgericht einen von ihm im Nachhinein erkannten Fehler berichtigt hat (aber str.). Vorgelegt werden muss aber, weil nur das Beschwerdegericht über die Zulässigkeit zu entscheiden hat.
5. Neues Vorbringen
Rz. 131
Auch neues Vorbringen muss berücksichtigt werden. Sind dafür Beweismittel vorgelegt oder Beweise angetreten, dann muss bei Erheblichkeit des Vorbringens noch im Abhilfeverfahren Beweis erhoben werden. Anderenfalls wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Neues Vorbringen ist aber unter den Voraussetzungen des § 571 Abs. 3 ZPO präkludiert.
Rz. 132
Führt die Überprüfung durch das Untergericht zur Ergänzung der Begründung oder auch zu deren Auswechseln, dann handelt es sich nicht um eine neue Erstentscheidung, sondern nur um eine Entscheidung im Abhilfeverfahren. Anderenfalls käme man zu dem Ergebnis, dass nunmehr zwei beschwerdefähige Beschlüsse erlassen und folglich auch zwei Beschwerdeverfahren in Gang gesetzt worden wären.
Rz. 133
Sieht das Gericht neues tatsächliches Vorbringen des Beschwerdeführers als unerheblich an, dann muss es im Nichtabhilfebeschluss darauf eingehen. Nur so können die Parteien und das Beschwerdegericht erkennen, warum das Untergericht trotz de...