Lotte Thiel, Dr. iur. Thomas Eder
Rz. 125
Der in Abs. 2 geforderte Zusammenhang der sonstigen Tätigkeit mit der Beratungsgebühr setzt zunächst voraus, dass letztere überhaupt entstanden ist. Dies ist namentlich bei der begleitenden Beratung (siehe Rdn 17 ff.) nicht der Fall. Voraussetzung ist zudem eine sachliche und eine zeitliche Verknüpfung beider Komponenten.
Rz. 126
Sachlich verbunden sind die beratende und die sonstige Tätigkeit in jedem Fall, sofern beide Tätigkeiten dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 16 betreffen. Freilich kommt eine sachliche Verbindung auch bei verschiedenen Angelegenheiten in Betracht, etwa dann, wenn sich die Beratung auf ein Mahnverfahren bezieht und der Anwalt nachfolgend mit der Vertretung im kontradiktorischen Verfahren beauftragt wird. Auch wenn beide Verfahren nach § 17 Nr. 2 verschiedene Angelegenheiten darstellen, besteht zwischen ihnen ein sachlich-inhaltlicher Kontext, weil der Gegenstand identisch ist. Im Ergebnis müssen Beratung und sonstige Tätigkeit mithin denselben Gegenstand betreffen.
Rz. 127
Eine zeitliche Verbindung ist gegeben, wenn die sonstige Tätigkeit der Beratung unmittelbar nachfolgt. Der Anwalt, der den Auftraggeber einmal beraten hat, muss sich seine Beratungsgebühr daher nicht auf jede weitere Gebühr anrechnen lassen.
Beispiel: Der Rechtsanwalt berät den Mandanten anlässlich eines erstinstanzlichen Rechtsstreits vor dem Amtsgericht, den dieser ohne anwaltliche Vertretung führt. Später wird der Anwalt mit der Durchführung der Berufung beauftragt.
Eine Anrechnung findet nicht statt, da das Berufungsverfahren der Beratung nicht unmittelbar nachfolgt. Eine Anrechnung wäre nur auf die erstinstanzliche Vergütung vorzunehmen gewesen. Diese hat der Anwalt jedoch nicht verdient.
Rz. 128
Nach § 15 Abs. 5 S. 2 entfallen die im RVG vorgesehenen Anrechnungen, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist. Da Abs. 2 eine Anrechnungsvorschrift im Sinne dieser Norm ist, entfällt der zeitliche Zusammenhang zwischen der Beratung und der nachfolgenden Tätigkeit spätestens nach dem Ablauf von mehr als zwei Kalenderjahren seit Abschluss der Beratung.
Rz. 129
Bei einer Zurückverweisung kann die Vorschrift des § 21 Abs. 1 zu beachten sein.
Beispiel: Der Anwalt berät zunächst nur anlässlich eines anhängigen erstinstanzlichen Verfahrens. Nach Berufung wird die Sache später vom Rechtsmittelgericht zurückverwiesen und der Anwalt nunmehr für das Verfahren nach Zurückverweisung als Prozessbevollmächtigter bestellt.
Hier muss sich der Anwalt die Beratungsgebühr nach Abs. 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 anrechnen lassen. Gleiches gilt, wenn er als Verkehrsanwalt bestellt wird.