1. Zulässigkeit
Rz. 8
Die Zulässigkeit der Vergütungsvereinbarung als solcher ist im RVG nicht geregelt. Vielmehr implizieren die §§ 3a ff. die Zulässigkeit einer derartigen Vereinbarung. Sie folgt überdies aus dem zivilrechtlichen Grundsatz der Privatautonomie.
Rz. 9
Eingeschränkt wird dieser Grundsatz durch die Regelungen in §§ 48, 49 und 49a BRAO. Ist der Anwalt im Wege der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe beigeordnet, muss er die Vertretung zu den Prozesskostenhilfe-Gebühren übernehmen (§ 48 BRAO). Eine damit kombinierte Vergütungsvereinbarung führt zur Nichtigkeit dieser Vereinbarung (Abs. 3), soweit die gesetzliche Vergütung überschritten wird (siehe Rdn 123 ff.). Ist der Anwalt zum Pflichtverteidiger bestellt, muss er die Verteidigung zu den Pflichtverteidigergebühren der VV 4100 ff. übernehmen (§ 49 BRAO). Allerdings darf er eine Vergütungsvereinbarung treffen. Das liegt darin begründet, dass die Bestellung als Pflichtverteidiger nicht an die Bedürftigkeit anknüpft. Nach § 49a BRAO wiederum ist er zur Übernahme der Beratungshilfe zu den dort geregelten Gebühren (VV 2500 ff.) verpflichtet. Zur Möglichkeit, hier eine Vergütungsvereinbarung zu treffen, siehe Rdn 134 ff. In allen anderen Fällen ist er frei. Er ist insbesondere nicht verpflichtet, ein Mandat zu den gesetzlichen Gebühren zu übernehmen, sondern kann die Übernahme von der Vereinbarung einer höheren Vergütung abhängig machen.
2. Wirksamkeit und Verbindlichkeit
a) Allgemeine Voraussetzungen
Rz. 10
Aus dem vertraglichen Charakter der Vergütungsvereinbarung folgt, dass zunächst zu prüfen ist, ob sie überhaupt den allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen entspricht. Sodann ist zu prüfen, ob für den Regelungsbereich der Vergütungsvereinbarung ein gesetzliches Verbot existiert (vgl. Rdn 19 ff.). Ergibt sich bereits insoweit die Nichtigkeit der Vereinbarung, kommt es auf die speziellen Voraussetzungen der §§ 3a ff. nicht mehr an. Auch eine Anpassung nach Abs. 2 ist obsolet.
Rz. 11
Die Wirksamkeit einer Vergütungsvereinbarung setzt zunächst Geschäftsfähigkeit nach §§ 105 ff. BGB voraus. Für Geschäftsunfähige können allerdings deren gesetzliche Vertreter eine Vergütungsvereinbarung abschließen.
Rz. 12
Die Vereinbarung darf nicht sittenwidrig sein. Ist sie es, etwa wegen Wuchers (§ 138 Abs. 2 BGB), so ist die Vereinbarung bereits nichtig, ohne dass es auf die Voraussetzungen des Abs. 1 ankommt; auch eine Anpassung nach Abs. 2 scheidet dann aus (zur Nichtigkeit nach § 138 BGB vgl. auch Rdn 17 f., 106 ff.).
Rz. 13
Die bloße Anfechtbarkeit der Vergütungsvereinbarung ist unbeachtlich. Wird die Vereinbarung freilich wirksam angefochten, so ist sie ex tunc nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB). Anfechtungsgründe können sich aus § 119 BGB ergeben (etwa bei einem Erklärungsmangel) oder aus § 123 BGB, wenn die Vergütungsvereinbarung durch Täuschung oder Drohung erwirkt worden ist. Eine Anfechtung nach § 123 BGB kommt etwa in Betracht, wenn der Strafverteidiger unmittelbar vor dem Hauptverhandlungstermin oder vor dem Plädoyer droht, das Mandat niederzulegen, falls der Mandant nicht eine Vergütungsvereinbarung abschließt. Dies gilt erst recht bei einem inhaftierten Mandanten. Entsprechendes gilt, wenn der Anwalt anderweitig mit der Mandatsniederlegung droht und dem Auftraggeber damit verbundene Nachteile in Aussicht stellt. Gleiches gilt, wenn der Rechtsanwalt den persönlich nicht haftenden Gesellschafter seiner Mandantin erstmals unmittelbar vor einem anberaumten Gerichtstermin mit dem Hinweis, anderenfalls das Mandat niederzulegen, zum Abschluss einer Haftungsübernahme, zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung drängt. Ein solches Honorarverlangen zur Unzeit stellt in der Regel eine widerrechtliche Drohung i.S.d. § 123 BGB dar, die zur Anfechtung einer daraufhin abgeschlossenen Vergütungsvereinbarung berechtigt. Die bloße Androhung, das Mandat niederzulegen, wenn eine Gebührenvereinbarung nicht zustande komme, ist jedoch dann keine rechtswidrige Drohung, wenn der mit dem Mandat verbundene Aufwand die Höhe der gesetzlichen Vergütung übersteigt.
Rz. 14
Weiterhin ist erforderlich, dass die Vergütungsvereinbarung dem Bestimmtheitsgebot genügt. Zwar sind auch Vergütungsvereinbarungen nach §§ 133, 157 BGB auslegungsfähig. Hier sind der Auslegung zum Schutz des Mandanten jedoch enge Grenzen gesetzt. Er muss zum einen wissen, mit welchen Vergütungsansprüchen er zu rechnen hat und muss sie berechnen können.
Beispiel: Eine Vereinbarung etwa dergestalt, dass der Mandant in Abweichung von den gesetzlichen Regelungen ein "angemessenes" Honorar schulde, genügt dem Bestimmtheitserfordernis nicht; sie wäre unwirksam. Ebenso ist wegen Verletzung des Transparenzgebotes nach Ansicht des OLG Frankfurt a.M. die Regelung "Für eine weitere beraterische Tätigkeit werden die anwaltlichen Gebühren nach dem deutschen Recht gem. der RVG-Tabelle (1,8-Gebühren) berechnet" unwirksam.
Für die Verbindlichkeit einer Honorarvereinbarung müssen die Parteien vielmehr einen Berechnungsschlüssel schaffen, der ohne Schwierigkeit und Unsicherheit die ziffernmäßige Berechnung ...