1. Textform (S. 1)
Rz. 31
Abs. 1 S. 1 ordnet für alle Vergütungsvereinbarungen die Textform an. Dieser Form unterliegen daher sämtliche Vergütungsmodelle (Zeit-, Pauschal- und Erfolgsvergütungen) ohne Rücksicht darauf, ob die vereinbarte Vergütung die gesetzlichen Tarife über- oder unterschreitet. Eine Ausnahme besteht nach Abs. 1 S. 4 nur für Gebührenvereinbarungen nach § 34 (siehe Rdn 53 ff.).
Rz. 32
Der Anwendungsbereich des Abs. 1 S. 1 ist damit weiter gefasst als die bis zum 30.6.2008 geltenden Formvorschriften. Gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 a.F. bestand das Formerfordernis nur dann, wenn eine höhere als die gesetzliche Vergütung vereinbart wurde. Die Vereinbarung einer niedrigeren als der gesetzlichen Vergütung "sollte" nach § 4 Abs. 2 S. 4 a.F. schriftlich getroffen werden. Diese Differenzierung erschien dem Gesetzgeber unzweckmäßig, weil bei Vertragsschluss häufig nicht absehbar sei, ob eine vereinbarte Vergütung, insbesondere bei Zeitvergütungen, über oder unter der gesetzlichen Vergütung liegen werde. Die generelle Geltung der Textform soll nunmehr Abgrenzungsprobleme vermeiden und Beweisschwierigkeiten des Auftraggebers vorbeugen. Für den Abschluss der Vergütungsvereinbarung sind nicht die im Zeitpunkt der unbedingten Auftragserteilung, sondern die im Zeitpunkt des Zustandekommens der Vereinbarung geltenden rechtlichen Regelungen maßgeblich.
Rz. 33
Formbedürftig ist nach Abs. 1 S. 1 die Vereinbarung. Während § 4 Abs. 1 S. 1 a.F. nur das Honorarversprechen des Mandanten erfasste, gilt der Formzwang nunmehr für die Vereinbarung in toto. Die Form erstreckt sich demnach auf den Text, in dem die Parteien ihre Vergütung vertraglich fixieren. Besteht eine Vergütungsvereinbarung aus mehreren Texten, so ist deren Verbindung für die Wahrung der Form jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn die einzelnen Texte jeweils einen in sich geschlossenen Erklärungsinhalt aufweisen (hier: Staffelhonorarvereinbarung).
Rz. 34
Die Formvorschrift des Abs. 1 S. 1 erstreckt sich auf die "Vergütung" des Anwalts. Hierunter sind nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 nicht nur Gebühren, sondern auch Auslagen zu verstehen. Eine Auslagenvereinbarung (vgl. Rdn 58) ist daher ebenfalls formbedürftig. Eine Ausnahme gilt bei Vereinbarungen über die Anzahl der zu fertigenden Kopien, da hier die Anfertigung im bloßen Einverständnis mit dem Auftraggeber genügt (VV 7000 Nr. 1 Buchst. d).
Rz. 35
Die Formvorschrift des Abs. 1 S. 1 hat gegenüber der Vorgängernorm des § 4 a.F. Vor- und Nachteile. Einerseits ist die Einführung der Formbedürftigkeit der Willenserklärung auch des Rechtsanwalts unverständlich. Er ist insoweit nicht schutzbedürftig, weshalb es der Textform für ihn nicht bedarf. Ungeachtet dessen sanktioniert § 4b die Nichtbeachtung der auch für den Anwalt geltenden Form mit der Nichtigkeit der Vereinbarung und der Reduzierung seines Vergütungsanspruchs auf die Höhe der gesetzlichen Vergütung (siehe § 4b Rdn 7 ff.). Nach dem Gesetzgebungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts (vgl. § 4a Rdn 2) bestand für die Einführung der beiderseitigen Form keine Notwendigkeit. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass die Textform gemäß § 126b BGB gegenüber der nach § 4 a.F. notwendigen Schriftform des § 126 BGB den Formzwang deutlich lockert und dem Einsatz moderner Kommunikationsmittel Rechnung trägt.
Rz. 36
Die Textform ist die einfachste Form einer schriftlichen Erklärung. Sie bezweckt die Information der Vertragsbeteiligten und die Dokumentation des Vertragsinhalts. Voraussetzung ist nach § 126b BGB, dass die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben wird, die Person des Erklärenden genannt wird und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht wird. Diese Anforderungen erfüllen alle mit elektronischen Medien übermittelten Erklärungen, die beim Adressaten dauerhaft gespeichert und von ihm am Bildschirm, im Display oder als Ausdruck gelesen werden können. Ausreichend ist mithin der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung per Computerfax, E-Mail oder SMS. Auch eine per Telefax abgeschlossene Vergütungsvereinbarung ist nun zweifellos wirksam. Eine eigenhändige Unterschrift auf der Urkunde oder eine sie ersetzende qualifizierte elektronische Signatur (§ 126a BGB) beim Einsatz von E-Mail ist entbehrlich. Die Person des Erklärenden setzt keine namentliche Nennung voraus; vielmehr genügt, wenn sich die Identität des Erklärenden dem Text zweifelsfrei entnehmen lässt. Für den Abschluss der Erklärung ist neben der Nachbildung der Unterschrift des Erklärenden (Faksimile etc.) auch jede andere Gestaltung zulässig, etwa durch eine Grußformel oder den Hinweis, dass diese Erklärung maschinell erstellt und nicht unterschrieben wurde. Der Textform ist allerdings nicht genügt, wenn es infolge nachträglicher handschriftlicher Ergänzungen an einem räumlichen Abschluss der Vereinbarung fehlt. Die Einhaltung strengerer Formvorschriften...