a) Schlussabrechnung

 

Rz. 22

Die Schlussrechnung dient dem Zweck, eine etwaige Überzahlung zu Lasten der Landeskasse oder auch eine noch offene Vergütungsforderung festzustellen. Die Landeskasse kann die Schlussrechnung auch unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 3 fordern. Die Gewährung eines Vorschusses schafft aufgrund ihres vorläufigen Charakters keine rechtlich geschützte Erwartung darauf, dass der Vorschussbetrag abschließend behalten werden darf.[38] Erkennt der Anwalt, dass eine Überzahlung vorliegt, muss er bei der (Schluss-)Abrechnung den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle von sich aus darauf hinweisen. Die Abrechnung der aus der Staatskasse erhaltenen Vorschüsse erfolgt bei der abschließenden Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung und dient der Vermeidung der Belastung sowohl der Staatskasse als auch des kostenpflichtig Verurteilten mit nicht gerechtfertigten Kosten.[39] Macht der Rechtsanwalt mehrfach Vorschüsse gegen die Staatskasse geltend, kann die Abrechnung eines im Rahmen eines früheren Vorschusses zu viel gezahlten Betrages aber auch bereits bei einer anschließenden Vorschussfestsetzung erfolgen.[40] In dem abschließenden Antrag müssen alle Zahlungen, auch die aus der Staatskasse erhaltenen Vorschüsse, angegeben werden (vgl. § 55 Abs. 5 S. 2). Die Schlussrechnung dient dem Zweck, eine etwaige Überzahlung zu Lasten der Landeskasse oder auch eine noch offene Vergütungsforderung festzustellen. Die Verpflichtung zur Schlussrechnung bzw. die Hinweispflicht auf eine etwaige Überzahlung ist eine Nebenpflicht aus dem besonderen Rechtsverhältnis der Beiordnung oder Bestellung.[41] Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle ist bei der endgültigen Festsetzung zugunsten des beigeordneten oder bestellten Anwalts berechtigt, den überzahlten Vorschussbetrag als Rückforderung der Staatskasse festzusetzen.[42] Der Beschluss, durch den die Überzahlung festgestellt wird, ist ein Leistungstitel, der gem. § 8 Abs. 1 Nr. 8 JBeitrG zu vollstrecken ist. Der Beschluss und die Verfügung, mit der der Rechtsanwalt dann von der Staatskasse zur Rückzahlung aufgefordert wird, wird verfahrensrechtlich als Aufhebung der Verfügung, durch die die Vergütung des Rechtsanwalts entsprechend der Vorschussbewilligung festgesetzt worden ist, angesehen.[43] Der statthafte Rechtsbehelf dagegen ist die Erinnerung gem. § 56 (vgl. auch § 8 Abs. 1 JBeitrG).[44]

[38] Vgl. hierzu OLG Düsseldorf 15.6.2020 – III-1 Ws 289/19, RVGreport 2020, 338, zum Vorschuss gem. § 51 Abs. 1 S. 5 auf eine Pauschgebühr.
[39] OLG Celle RVGreport 2020, 337 = JurBüro 2020, 356.
[40] OLG Celle, RVGreport 2020, 337 = JurBüro 2020, 356.
[41] Vgl. N. Schneider, NJW-Spezial 2013, 347; LG Karlsruhe 11.6.2012 – 1 S 11/12; Burhoff/Volpert, RVG, A Rn 2496 f.
[42] KG RVGreport 2011, 109 = JurBüro 2011, 255 für die Pauschgebühr nach § 99 BRAGO; OVG Niedersachsen JurBüro 1991, 1348 m. insoweit zust. Anm. Mümmler; Burhoff, RVGreport 2011, 327.
[43] Vgl. KG AGS 2010, 295 = RVGreport 2010, 339 = JurBüro 2010, 364; KG RVGreport 2011, 109 = JurBüro 2011, 255.
[44] KG AGS 2010, 295 = RVGreport 2010, 339 = JurBüro 2010, 364; KG RVGreport 2011, 109 = JurBüro 2011, 255; ausf. Burhoff/Volpert, RVG, A Rn 2501.

b) Herbeiführung der Schlussabrechnung

 

Rz. 23

Wird der beigeordnete oder bestellte Anwalt nicht mehr abschließend im Verfahren nach § 55 tätig (vgl. § 45 Rdn 59), kann die Staatskasse auch von sich aus eine Rückfestsetzung betreiben. Die Staatskasse darf die Schlussrechnung unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 3 fordern. Stellt der Rechtsanwalt keinen abschließenden Festsetzungsantrag, darf der Urkundsbeamte die Vorschussfestsetzungen nicht von Amts wegen ändern.[45] Die Änderung kann nur im Verfahren nach § 55 erfolgen und, weil die Staatskasse dort kein eigenes Antragsrecht auf Einleitung des Verfahrens hat, allein durch Anfechtung der zugunsten des Anwalts ergangenen Entscheidung über die Vorschusszahlung gem. § 56 (siehe § 55 Rdn 184 f.).[46] Diese Möglichkeit besteht bis zum Ablauf des folgenden Kalenderjahres, in dem die Rechtskraft der Gerichtsentscheidung oder eine anderweitige Erledigung des Verfahrens eingetreten ist (Verwirkung, siehe § 56 Rdn 12),[47] allerdings nicht über den Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 33 Abs. 3 S. 3 hinaus, falls die Vorschusszahlung auf einem erstinstanzlichen Gerichtsbeschluss beruht (siehe § 56 Rdn 36). Bei der Vorschussgewährung gem. § 47 wird sich der Rechtsanwalt aber auf die Verwirkung wegen fehlender Schutzbedürftigkeit dann nicht berufen können, wenn er die ihm aus der gerichtlichen Beiordnung oder Bestellung obliegende Verpflichtung zur Schlussabrechnung bzw. zur Anzeige einer Überzahlung schuldhaft verletzt hat.[48] Daher kommt der in Teil I A Nr. 1.5.3 der bundeseinheitlichen VwV Vergütungsfestsetzung (vgl. § 55 Rdn 1) geregelten Überwachungspflicht des Urkundsbeamten bei der Festsetzung und Auszahlung von Vorschüssen eine hohe Bedeutung zu. Der Urkundsbeamte überwacht danach die Fälligkeit der Vergütung und sorgt dafür, dass der Vorschuss alsbald abgerechnet wird. Desh...

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