Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Abschließende Abrechnung der Vorschüsse
Rz. 21
Die Festsetzung eines Vorschusses nach § 55 steht ohne weiteres unter dem Vorbehalt der endgültigen Abrechnung, auch wenn dies nicht ausdrücklich erklärt wird (vgl. §§ 675 Abs. 1, 666 BGB). Das folgt bereits aus dem Begriff des Vorschusses (siehe § 58 Rdn 14). Bei der Geltendmachung eines Vorschusses gegen die Staatskasse gem. § 47 oder auch gem. § 51 Abs. 1 S. 5 gilt diese Rechenschaftspflicht ebenfalls. Hierbei handelt es sich um eine echte Berufspflicht. § 23 BORA verpflichtet den Rechtsanwalt nämlich, spätestens mit Beendigung des Mandats gegenüber dem Mandanten und/oder Gebührenschuldner über Honorarvorschüsse unverzüglich abzurechnen und ein von ihm errechnetes Guthaben auszuzahlen. § 23 BORA erhebt die vertraglichen Auskunfts- und Rechenschaftspflichten des Anwalts in den Rang einer Berufspflicht. Deshalb kann der Anwalt uneingeschränkt Nachforderungen stellen, wenn seine Vergütungsansprüche letztlich höher ausfallen sollten. Andererseits ist ebenso denkbar, dass er bereits überzahlt wurde. Hierher gehören zunächst die Fälle, wo ein Vergütungsanspruch überhaupt nicht zur Entstehung gelangt oder nachträglich wieder entfallen ist (siehe § 45 Rdn 66). In Betracht kommt aber auch, dass bei einem Vorschuss auf Wertgebühren (vgl. Rdn 12) später der Gegenstandswert reduziert wird. Bei den Rahmengebühren (vgl. Rdn 13) kann die abschließende Gesamtschau (§ 14) ergeben, dass z.B. die bevorschusste Mittelgebühr letztlich doch nicht angefallen ist, weil die gem. § 14 Abs. 1 zu berücksichtigenden Umstände für eine geringere Entlohnung sprechen. Es existiert kein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsanwalts darauf, den im Vorschussweg bemessenen Gebührenvorschuss später nicht (teilweise) zurückzahlen zu müssen. Während all diese Abweichungen eher Ausnahmecharakter haben, ist die Abrechnungslage bei einem Vorschuss für voraussichtlich entstehende Auslagen von vornherein unsicher.
2. Abrechnungspflicht des Rechtsanwalts
a) Schlussabrechnung
Rz. 22
Die Schlussrechnung dient dem Zweck, eine etwaige Überzahlung zu Lasten der Landeskasse oder auch eine noch offene Vergütungsforderung festzustellen. Die Landeskasse kann die Schlussrechnung auch unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 3 fordern. Die Gewährung eines Vorschusses schafft aufgrund ihres vorläufigen Charakters keine rechtlich geschützte Erwartung darauf, dass der Vorschussbetrag abschließend behalten werden darf. Erkennt der Anwalt, dass eine Überzahlung vorliegt, muss er bei der (Schluss-)Abrechnung den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle von sich aus darauf hinweisen. Die Abrechnung der aus der Staatskasse erhaltenen Vorschüsse erfolgt bei der abschließenden Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung und dient der Vermeidung der Belastung sowohl der Staatskasse als auch des kostenpflichtig Verurteilten mit nicht gerechtfertigten Kosten. Macht der Rechtsanwalt mehrfach Vorschüsse gegen die Staatskasse geltend, kann die Abrechnung eines im Rahmen eines früheren Vorschusses zu viel gezahlten Betrages aber auch bereits bei einer anschließenden Vorschussfestsetzung erfolgen. In dem abschließenden Antrag müssen alle Zahlungen, auch die aus der Staatskasse erhaltenen Vorschüsse, angegeben werden (vgl. § 55 Abs. 5 S. 2). Die Schlussrechnung dient dem Zweck, eine etwaige Überzahlung zu Lasten der Landeskasse oder auch eine noch offene Vergütungsforderung festzustellen. Die Verpflichtung zur Schlussrechnung bzw. die Hinweispflicht auf eine etwaige Überzahlung ist eine Nebenpflicht aus dem besonderen Rechtsverhältnis der Beiordnung oder Bestellung. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle ist bei der endgültigen Festsetzung zugunsten des beigeordneten oder bestellten Anwalts berechtigt, den überzahlten Vorschussbetrag als Rückforderung der Staatskasse festzusetzen. Der Beschluss, durch den die Überzahlung festgestellt wird, ist ein Leistungstitel, der gem. § 8 Abs. 1 Nr. 8 JBeitrG zu vollstrecken ist. Der Beschluss und die Verfügung, mit der der Rechtsanwalt dann von der Staatskasse zur Rückzahlung aufgefordert wird, wird verfahrensrechtlich als Aufhebung der Verfügung, durch die die Vergütung des Rechtsanwalts entsprechend der Vorschussbewilligung festgesetzt worden ist, angesehen. Der statthafte Rechtsbehelf dagegen ist die Erinnerung gem. § 56 (vgl. auch § 8 Abs. 1 JBeitrG).