Peter Fölsch, Norbert Schneider
aa) Kostenbefreiung auch für Partei
Rz. 53
Die Erstreckung der Beiordnung ergibt sich mittelbar aus der eigentümlichen gesetzlichen Regelung in Abs. 5 S. 2 Nr. 4, indem die Rechtsverteidigung gegen den "Widerantrag" in Ehesachen und in Lebenspartnerschaften nach § 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG von dem Grundsatz ausgenommen wird, dass sich die Beiordnung auf das Verfahren über eine Widerklage nur dann erstreckt, wenn dies ausdrücklich angeordnet ist. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes bewirkt die Erstreckung der Beiordnung auch hier nicht nur einen (erweiterten) Vergütungsanspruch des Anwalts gegen die Staatskasse, sondern ebenso wie die Erstreckung nach Abs. 2 S. 1 eine Befreiung der Partei von allen Kosten gemäß § 122 Abs. 1 ZPO, die aus der Verteidigung gegen den Widerantrag in einer Ehesache oder Lebenspartnerschaftssache nach § 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG erwachsen. Die Rechtsverfolgung durch Antrag und die Rechtsverteidigung gegen den Widerantrag werden als Einheit angesehen, was aus der Besonderheit der jeweiligen Verbindung folgt.
Siehe hierzu auch Rdn 84 ff.
bb) Ehesachen
Rz. 54
Ehesachen sind gesetzlich definiert in § 121 FamFG als Oberbegriff für Scheidungssachen, Eheaufhebungssachen, und Sachen, welche die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstand haben. Ein Widerantrag in Ehesachen kann schon aufgrund der prozessualen Zuständigkeitsregelung (§ 122 FamFG) nur eine Familiensache sein. Andere Verfahren scheiden als Widerantrag aus.
Rz. 55
Soweit es um eine Scheidungssache geht, entspricht die Erhebung des Widerantrags dem Leitbild des Gesetzes, dass die so genannten Folgesachen (§ 137 FamFG) im prozessualen Verbund mit der Scheidungssache entschieden werden sollen. Speziell für den Versorgungsausgleich ist in diesem Sinne geregelt, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in einer Scheidungssache dieses Verfahren ohne Weiteres erfasst (§ 149 FamFG). Ist für einen Antrag auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe Prozesskostenhilfe bewilligt worden, so kann die Erstreckung der Beiordnung auf einen in diesem Verfahren erhobenen Widerantrag nur die Rechtsverteidigung gegen einen widerstreitenden Feststellungsantrag zum Gegenstand haben.
cc) Lebenspartnerschaftssachen
Rz. 56
Den Ehesachen gleichgestellt sind von den Lebenspartnerschaftssachen des § 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG die Verfahren über die Aufhebung der Lebenspartnerschaft (Nr. 1) und über die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Lebenspartnerschaft (Nr. 2). Insoweit sind die Angelegenheiten und ihre Regelungsmaterien vergleichbar. Die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft (§ 15 LPartG) entspricht einer Scheidungssache bzw. einer Aufhebung der Ehe, das Verfahren über die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Lebenspartnerschaft dem Antrag gemäß § 121 Nr. 3 FamFG. Ein Widerantrag gegen eine Lebenspartnerschaftssache gemäß § 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG kann ausschließlich in einer anderen Lebenspartnerschaftssache nach § 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG bestehen.