Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
I. Begrenzung der Einstandspflicht der Staatskasse
Rz. 1
§ 49 begrenzt die Einstandspflicht der Staatskasse als Hilfsschuldnerin (siehe § 45 Rdn 7) für gerichtlich beigeordnete oder bestellte Rechtsanwälte bei einem Gegenstandswert von mehr als 4.000 EUR der Höhe nach und folgt damit auch gedanklich unmittelbar dem § 48, der die Einstandspflicht dem Umfang nach festlegt. Eine weitere Begrenzung erfolgte bis 31.12.2020 bei einem Gegenstandswert von mehr als 30.000 EUR. Das KostRÄG 2021 hebt diese Kappungsgrenze ab 1.1.2021 auf über 50.000 EUR an (Übergangsrecht: § 60; siehe dazu Rdn 12). Ebenfalls durch das KostRÄG 2021 sind die Gebührenbeträge des § 49 wie die Wahlanwaltsvergütung in § 13 um etwa 10 % erhöht worden. Während der Aufgabenbereich des Anwalts, für dessen Vergütung die Staatskasse aufzukommen hat, den üblichen Rahmen eines Anwaltvertrages umfasst, nimmt der Staat bei der Entlohnung eine Sonderbehandlung für sich in Anspruch. Das gilt für alle Arten von Beiordnungen und Bestellungen eines Anwalts, bei denen Wertgebühren anfallen. Er will die notwendigen Leistungen des Anwalts zugunsten der vertretenen Partei wohl finanzieren, aber nicht immer das bezahlen, was die Partei als Auftraggeberin selbst aufbringen müsste. Die Regelung gilt sowohl bei Prozesskostenhilfe als auch bei Verfahrenskostenhilfe (§ 12) für alle Rechtsanwälte, die aus der Staatskasse Wertgebühren beanspruchen. Deshalb gilt die Regelung z.B. auch für den Pflichtverteidiger in Strafsachen, der aus der Staatskasse die Gebühren nach VV 4142 ff. beansprucht.
II. Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz
Rz. 2
Das BVerfG hat die Beschränkungen der Gebühren der Gebührentabelle nach § 123 BRAGO a.F., der der bisherigen Gebührentabelle des § 49 entsprach, verfassungsrechtlich jedenfalls in den Fällen nicht beanstandet, in denen die Beiordnung eines Rechtsanwalts erfolgt, der gemäß § 121 Abs. 1, 2 ZPO seine Bereitschaft zur Übernahme der Vertretung der betreffenden Partei erklärt hatte. Dann rechtfertige der mit § 49 verfolgte Zweck der Schonung öffentlicher Kassen verfassungsrechtlich die darin bestimmten reduzierten Gebührenbeträge. Ein etwaiges Missverhältnis zwischen Arbeitsaufwand und Vergütung sei aufgrund der freiwilligen Bereitschaft zur Übernahme entscheidend gemildert und könne daher nicht zur Unangemessenheit der Vergütung führen. Das BVerfG hat ausdrücklich offengelassen, ob dies auch für Fälle gilt, in denen sich kein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt findet und daher die Auswahl gemäß § 121 Abs. 5 ZPO durch den Vorsitzenden erfolgt.
III. Deckung mit Wahlanwaltsgebühren
Rz. 3
Mit den Zahlungen der Staatskasse werden die Leistungen des beigeordneten Anwalts nur dann endgültig abgerechnet, wenn sie die Vergütung eines Wahlanwalts abdecken. Das ist bei einem Gegenstandswert bis 4.000 EUR der Fall (erste Stufe). Fallen sie bei einem Gegenstandswert von mehr als 4.000 EUR (zweite Stufe) bzw. mehr als 50.000 EUR (dritte Stufe; bis 31.12.2020: mehr als 30.000 EUR) geringer aus, behält der Anwalt hinsichtlich des Differenzbetrages seinen Vergütungsanspruch aus dem zivilrechtlichen Schuldverhältnis, den er womöglich gegen die Staatskasse nach § 50 (weitere Vergütung) oder im Verhältnis zum Gegner gemäß § 126 ZPO oder bei einer anderen Grundlage als Prozesskostenhilfe gegenüber der eigenen Partei durchsetzen kann (siehe § 55 Rdn 206 ff.).
Auch für den im Wege ratenfreier Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalt bedeutet die Gebührenreduzierung des § 49 nicht, dass es stets bei einer Kürzung der Vergütung verbleiben muss. So kann der Rechtsanwalt im Erfolgsfall die Vergütung eines Wahlanwalts (§ 13) gemäß § 126 i.V.m. §§ 91 ff. ZPO geltend machen. Dies stellt eine gesetzlich begründete erfolgsbezogene Vergütung dar.