Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Volle Gebühren der ersten Stufe (bis 4.000 EUR)
Rz. 9
Bis zu einem Gegenstandswert von 4.000 EUR wirkt sich die Beiordnung oder Bestellung für den Anwalt in der Regel nicht nachteilig, häufig aber vorteilhaft aus. Eine finanzielle Einbuße braucht er nicht hinzunehmen, weil die Staatskasse in Höhe der vollen Regelvergütung für seine Entlohnung einsteht. Mit der Staatskasse hat er eine verlässliche Schuldnerin und das Vertrauensverhältnis zu der Partei bleibt frei von etwaigen Abrechnungsproblemen. Der Anwalt kann unbelastet von eigenen Gebühreninteressen das Bestreben der Partei unterstützen, Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung zu erhalten, da er auf Zahlungen der Partei an die Staatskasse nicht zurückgreifen muss, um seine volle Vergütung zu erreichen (siehe § 50 Rdn 2).
2. Reduzierte Gebühren der zweiten Stufe (mehr als 4.000 EUR bis 50.000 EUR)
Rz. 10
Bei Gegenstandswerten von über 4.000 EUR bis einschließlich 50.000 EUR (bis 31.12.2020: 30.000 EUR; siehe dazu auch Rdn 12) greift abweichend von der Gebührentabelle des § 13 die besondere Degression der Tabelle des § 49 ein. Der Anwalt erhält nicht die volle Vergütung eines Wahlanwalts (§ 13), sondern nur eine Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 aus der Staatskasse.
Diese bleibt umso weiter hinter der Vergütung eines Wahlanwalts zurück, je höher der Gegenstandswert ansteigt. Bei einem Gegenstandswert von über 50.000 EUR fällt die 1,0-Gebühr nach der Gebührentabelle des § 49 mit 659 EUR hinter der 1,0-Gebühr eines Wahlanwalts (§ 13) mit 1.373 EUR auf weniger als die Hälfte (ca. 48%) zurück.
Rz. 11
Der nur geringe Anstieg der Gebührenbeträge nach der Gebührentabelle des § 49 und vor allem die verhältnismäßig geringen Gebührenbeträge bei Gegenstandswerten über 8.000 EUR (weniger als 60 % der Gebührenbeträge eines Wahlanwalts nach § 13) zeugen von hoher Erwartung des Gesetzgebers an die Einsatzbereitschaft eines beigeordneten Anwalts, wenn Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt worden ist. Dann muss sich der Anwalt letztlich mit der Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 zufrieden geben, falls der Ausgang des Verfahrens eine Inanspruchnahme des Gegners nicht zulässt. Außerdem mutet der Gesetzgeber ihm zu, im Verhältnis zur Partei einem besonderen Interessenkonflikt standzuhalten. Bei Gegenstandswerten über 4.000 EUR kollidiert das Gebühreninteresse des beigeordneten Anwalts mit dem wirtschaftlichen Interesse der Partei, eine Zahlungsbestimmung möglichst zu vermeiden. Will der Anwalt eine Entlohnung über die Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 hinaus sicherstellen, ohne dafür beizeiten gesorgt zu haben (vgl. Rdn 21), muss ihm daran gelegen sein, dass der Partei Zahlungen auferlegt werden, um alsdann nach § 50 darauf zugreifen zu können. Im Gegensatz dazu ist er als Auftragnehmer der Partei dieser gegenüber verpflichtet, sich dafür einzusetzen, dass eine Zahlungsbestimmung möglichst unterbleibt.
3. Festgebühr der dritten Stufe (über 50.000 EUR)
Rz. 12
Bei Gegenstandswerten über 50.000 EUR verlässt die Tabelle des § 49 das Prinzip der wertbezogenen Vergütung (vgl. Rdn 4 f.) zugunsten einer Einheitsgebühr. Das entspricht der Deckelung gemäß § 22 Abs. 2 (siehe Rdn 17 ff.). Der Höchstsatz des Betrages, den die Staatskasse von einer 1,0-Gebühr übernimmt, ist auf 659 EUR festgelegt, auch wenn sich die Vergütung eines Wahlanwalts nach § 13 auf ein Mehrfaches beläuft. Dadurch wird der Abstand zwischen Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 und der Vergütung eines Wahlanwalts (§ 13) mit steigenden Gegenstandswerten stetig größer. Die Kappungsgrenze in § 49 ist durch das KostRÄG 2021 zum 1.1.2021 (Übergangsrecht § 60) von Werten über 30.000 EUR auf über 50.000 EUR angehoben worden. Davor ist die letzte mit einer Erhöhung der Anwaltsgebühren einhergehende Anhebung dieser Kappungsgrenze im Jahr 2002 erfolgt, wobei allerdings die oberhalb der Wertgrenze anfallende Gebühr nicht erhöht wurde. Vor dem Hintergrund der seither erfolgten Entwicklung der durchschnittlichen Verfahrenswerte ist die Kappungsgrenze deshalb auf über 50.000 EUR angehoben worden.
Rz. 13
Allerdings qualifiziert sich auch die einheitliche Festgebühr bei Werten über 50.000 EUR nur als Berechnungsgröße, wo die Sätze der Gebühren von 1,0 abweichen (vgl. Rdn 7). So erhält etwa der Berufungsanwalt für das Betreiben des Verfahrens als Höchstsatz 1,6-Gebühren (VV 3200) von 659 EUR, also netto 1.054,40 EUR, und beispielsweise 1,5-Gebühren von 659 EUR = 988,50 EUR für den Abschluss eines Vertrages (VV 1000) über nicht anhängige Ansprüche von mehr als 50.000 EUR.