Rz. 101
Die Pauschvergütung kann für das ganze Verfahren bewilligt werden (Abs. 1 S. 1, 1. Alt.). Möglich ist aber auch, die Pauschvergütung lediglich für einzelne Verfahrensabschnitte zu bewilligen (Abs. 1 S. 1, 2. Alt.).
Rz. 102
Die Prüfung, ob ein Anspruch auf eine Pauschgebühr für das gesamte Verfahren oder einzelne Verfahrensabschnitte besteht, soll nach OLG Jena regelmäßig in der Weise erfolgen, dass untersucht wird, inwieweit die besondere Schwierigkeit und/oder der besondere Umfang der anwaltlichen Tätigkeit hinsichtlich einzelner Gebührenanteile zu berücksichtigen ist. Bei außergewöhnlich zeitaufwändigen Verfahren, u.a. umfangreichen Wirtschaftsstrafverfahren bzw. Indizienprozessen, kann im Einzelfall auch eine pauschale Betrachtung angezeigt sein.
Rz. 103
Ebenso OLG Hamm, das bei der Prüfung, ob ein Anspruch auf eine Pauschgebühr besteht, hinsichtlich des besonderen Umfangs regelmäßig zunächst untersucht, inwieweit die anwaltlichen Tätigkeiten hinsichtlich einzelner Verfahrensabschnitte zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus kann dann aber auch noch eine pauschale Betrachtung in Betracht kommen.
Rz. 104
Die Pauschvergütung kann insbesondere für jede Instanz gesondert bewilligt werden, was in der Praxis der Regelfall ist, da Umfang und Schwierigkeit innerhalb der verschiedenen Instanzen unterschiedlich sein können. Es ist also durchaus möglich, dass für die erstinstanzliche Vergütung eine Pauschvergütung bewilligt wird, während dies für die Berufungsinstanz abgelehnt wird.
Rz. 105
Eine Kompensation der in den einzelnen Instanzen erhaltenen Vergütungen kommt nicht in Betracht. So kann eine Pauschgebühr für ein Berufungsverfahren nicht mit der Begründung abgelehnt werden, in den nach der BRAGO abzurechnenden erstinstanzlichen Verfahren habe der Anwalt bereits eine ausreichende Vergütung erhalten.
Rz. 106
Die Pauschvergütung kann sich auch auf einzelne Verfahrensabschnitte innerhalb einer Instanz beschränken, sogar auf einzelne Verhandlungstage. Eine Bewilligung für einzelne Verfahrensabschnitte kommt insbesondere dann in Betracht, wenn nur einzelne Verfahrensabschnitte besonders schwierig oder umfangreich waren oder der Pflichtverteidiger während des laufenden Verfahrens ausgeschieden ist, insbesondere wenn er entpflichtet wurde oder wenn er erst im Verlauf des Verfahrens bestellt worden ist, ohne zuvor als Wahlverteidiger tätig gewesen zu sein.
Rz. 107
Die in Abs. 1 S. 3 eingeführte Regelung, die die bisherige Streitfrage klärt, inwieweit auch für einzelne Verfahrensabschnitte die Pauschgebühr bewilligt werden darf, wird die Bewilligung der Pauschgebühr zukünftig erleichtern, da konkret für diejenigen Verfahrensabschnitte, die besonders umfangreich oder schwierig waren, eine Pauschvergütung bestimmt werden kann. Es ist also fortan nicht immer eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der sämtliche Tätigkeiten gegeneinander abzuwägen sind.
Rz. 108
Auch dem Pflichtverteidiger wird der Antrag erleichtert, da er seinen Antrag auf bestimmte Verfahrensabschnitte beschränken kann und dann auch nur zu diesen vortragen muss. Es ist dann nicht erforderlich, das gesamte Verfahren zu bewerten. Hinzu kommt, dass das neue Vergütungssystem in den VV 4100 ff., 5100 ff. und auch in VV Teil 6 die Bewilligung für einzelne Verfahrensabschnitte erheblich erleichtert.
Rz. 109
Soll nur für einzelne Verfahrensabschnitte eine Pauschgebühr bewilligt werden, so hat das Gericht nach Abs. 1 S. 3 im Beschluss die Verfahrensabschnitte anzugeben und die Gebühren nach dem VV zu bezeichnen, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll.
Rz. 110
War der Anwalt vor seiner Bestellung bereits als Wahlverteidiger tätig und erhält er nach § 48 Abs. 6 die Pflichtverteidigervergütung auch für den Zeitraum vor seiner Bestellung, so ist dieser Zeitraum bei der Bemessung der Pauschvergütung ebenfalls einzubeziehen, wenn die Sache besonders umfangreich oder schwierig war (vgl. Rdn 24 ff., 57).
Rz. 111
Unabhängig von § 48 Abs. 6 ist der Zeitraum zwischen dem Antrag auf Bestellung als Pflichtverteidiger und der Bestellung zu berücksichtigen. Versäumnisse der Justizbehörden bei der Bestellung des Pflichtverteidigers dürfen nicht zu dessen Lasten gehen.
Rz. 112
Beschränkt sich die Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte, so sind nach Abs. 1 S. 2 die Gebühren zu bezeichnen, an deren Stelle die Pauschvergütung treten soll. Damit wird zugleich klargestellt, was als "Verfahrensabschnitt" anzusehen ist, nämlich jeder Teil, für den besondere Gebühren bestimmt sind. Anzugeben ist die jeweilige Nummer des VV.
Rz. 113
Soweit eine Gebühr mehrmals anfällt, muss das Gericht näher konkretisieren, welche der mehreren Gebühren es meint.
Beispiel: Es fanden insgesamt sechs Hauptverhandlungstermine statt. Nur für den zweiten äußerst umfangreichen Termin will das Gericht eine Pauschvergütung bewilligen.
Es reicht jetzt nicht die Angabe "anstelle der Gebühr nach VV 4114", da der Verteidiger diese Gebühr für alle sechs Termine erhält. Das Ger...