1. Persönlicher Anwendungsbereich
a) Gerichtlich bestellter oder beigeordneter Anwalt
Rz. 8
Die Vorschrift des § 51 gilt nur für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt. Hauptanwendungsfall ist der Pflichtverteidiger.
b) Tätigkeiten nach VV Vorb. 4 Abs. 1; VV Vorb. 5 Abs. 1; VV Vorb. 6 Abs. 1
Rz. 9
Da die Gebühren der VV 4100 ff., 5100 ff., 6100 ff. nach VV Vorb. 4 Abs. 1; VV Vorb. 5 Abs. 1; VV Vorb. 6 Abs. 1 entsprechend für die Vertretung anderer Personen gelten, kommt für die dort genannten Tätigkeiten ebenfalls die Bewilligung einer Pauschvergütung in Betracht kommt, also für den Anwalt, der
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dem Privatkläger, |
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dem Nebenkläger, |
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dem Antragsteller im Klageerzwingungsverfahren oder |
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sonst als Vertreter im Wege der Bewilligung von Prozesskostenhilfe |
beigeordnet worden ist, sowie für den Anwalt, der als
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Beistand |
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des Nebenklägers oder |
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des nebenklageberechtigten Verletzten |
bestellt worden ist.
c) Vertreter
Rz. 10
Soweit in den Fällen a) und b) (siehe Rdn 8 und 9) ein nach § 53 BRAO bestellter allgemeiner Vertreter tätig geworden ist, gilt § 51 entsprechend. Dem vertretenen Anwalt, nicht dem Vertreter, kann in diesem Fall eine Pauschvergütung bewilligt werden.
Rz. 11
Lässt sich der Anwalt durch andere Personen vertreten, soll eine Pauschvergütung nicht in Betracht kommen, auch wenn es sich um Personen i.S.d. § 5 handelt (siehe auch § 5 Rdn 58 ff.).
d) Keine entsprechende Anwendung
Rz. 12
Auf den Wahlverteidiger ist die Vorschrift nicht anwendbar. Dieser hat allerdings die Möglichkeit der Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 42. Darüber hinaus hat er die Möglichkeit, die Übernahme des Mandats von dem Abschluss einer Vergütungsvereinbarung abhängig zu machen. Ebenso wenig ist die Vorschrift anwendbar auf den zum Pflichtverteidiger bestellten Referendar.
2. Sachlicher Anwendungsbereich
Rz. 13
Die Möglichkeit einer Pauschvergütung besteht für sämtliche Tätigkeiten, für die der Anwalt beigeordnet oder bestellt ist und für die er aus der Staatskasse seine Vergütung erhält. Auf den Gebührentatbestand kommt es nicht an. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der bestellte Anwalt mit der Gesamtvertretung, also mit der Pflichtverteidigung insgesamt oder mit der Vertretung eines anderen Beteiligten insgesamt, betraut oder ob er nur für Einzeltätigkeiten bestellt oder beigeordnet worden ist. Auch für die Gebühren nach VV 4300 ff. (Einzeltätigkeiten) kann eine Pauschvergütung bewilligt werden. Ebenso möglich ist die Bewilligung einer Pauschvergütung unter anderem auch in Strafvollstreckungssachen, die sich nach VV 4200 ff. richten.
Rz. 14
Zwar kann dem Wortlaut des Gesetzes nach auch in einer Gnadensache eine Pauschvergütung bewilligt werden, was nach früherem Recht nicht möglich war, da die Vergütung in einer Gnadensache nach § 93 BRAGO in § 97 BRAGO nicht erwähnt war. In einer Gnadensache kann es jedoch erst gar nicht zu einer Beiordnung kommen.
3. Voraussetzungen (Abs. 1)
a) Grundzüge
Rz. 15
Die Bewilligung einer Pauschvergütung kommt nach Abs. 1 S. 1 nur dann in Betracht, wenn das Verfahren einen besonderen Umfang oder eine besondere Schwierigkeit aufweist. Bis zur Änderung der Vorschrift des § 99 BRAGO durch das KostRÄndG 1975 mussten die Verfahren "außergewöhnlich" schwierig oder umfangreich gewesen sein. Diese hohen Anforderungen sollten durch die Änderung des Gesetzeswortlauts in "besonders" abgemildert werden.
Rz. 16
"Besonders" i.S.d. § 51 bedeutet "anders als gewöhnlich". Die Anforderungen dürfen nicht zu hoch angesetzt werden.
Rz. 17
Aus der Formulierung "oder" ergibt sich, dass sowohl der besondere Umfang als auch die besondere Schwierigkeit für sich bereits zu einer Pauschvergütung führen können. Beide Merkmale müssen nicht zugleich gegeben sein. Denkbar ist auch, dass der Umfang und die Schwierigkeit für sich genommen die Bewilligung einer Pauschvergütung noch nicht rechtfertigen, eine Gesamtbetrachtung von Umfang und Schwierigkeit aber zur Bewilligung einer Pauschvergütung führt.
Rz. 18
Maßgebender Zeitraum für die Beurteilung der besonderen Schwierigkeit und des besonderen Umfangs ist grundsätzlich nur der Zeitraum ab Bestellung. Vorangegangene Tätigkeiten des Pflichtverteidigers als Wahlverteidiger bleiben außer Betracht. Hiervon gilt allerdings dann eine Ausnahme, wenn § 48 Abs. 6 greift. Erhält der Pflichtverteidiger danach für die Zeit vor seiner Bestellung die Gebühren aus der Staatskasse, so muss auch für diese Tätigkeiten bei besonderem Umfang oder besonderer Schwierigkeit eine Pauschvergütung bewilligt werden. Dies entspricht der bislang h.M. Nach a.A. sollte sich die Rückwirkung nach § 48 Abs. 6 (bis zum 31.7.2013: Abs. 5; bis zum 31.6.2004: § 97 Abs. 3 BRAGO) dagegen nur auf die gesetzlichen Gebühren (vormals: des § 97 Abs. 1 BRAGO) beziehen, nicht auch auf die Pauschvergütung nach § 51 (vormals: § 99 BRAGO). Diese Ansicht war jedoch unzutreffend. Die Pauschvergütung tritt an die Stelle der Gebühren de...