Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Prüfung des Urkundsbeamten
Rz. 25
Der Urkundsbeamte prüft bei der Festsetzung gem. § 55, ob der Rechtsanwalt, der durch seine gerichtliche Beiordnung oder Bestellung den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse erworben hat, den Festsetzungsantrag stellt. Dem Vertreter des Rechtsanwalts i.S.v. § 5 steht kein eigener Anspruch gegen die Staatskasse zu (§ 5 Rdn 74, 78 ff.). Ein anderer Rechtsanwalt kann den Anspruch gegen die Staatskasse deshalb grds. nur geltend machen, wenn Rechtsnachfolge z.B. durch Abtretung vorliegt. Macht ein anderer Rechtsanwalt oder ein Nicht-Rechtsanwalt den Vergütungsanspruch geltend, muss die Rechtsnachfolge nachgewiesen werden (z.B. durch Abtretungsurkunde, Erbschein).
Ist ein Rechtsanwalt aus einer Sozietät ausgeschieden und macht anschließend die Sozietät oder ein anderer Rechtsanwalt der Sozietät die Vergütung gegen die Staatskasse geltend, muss die Rechtsnachfolge nachgewiesen werden. Im Verfahren nach § 55 ist nicht zu prüfen, wie aufgrund des Sozietätsvertrages Vergütungen zwischen den Anwälten der Sozietät verteilt werden.
b) Abwickler einer Kanzlei
Rz. 26
Ein Abwickler kann gem. § 55 BRAO für einen verstorbenen Rechtsanwalt und für eine Kanzlei und weitere Kanzleien eines früheren Rechtsanwalts bestellt werden, dessen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erloschen ist. Gem. §§ 55 Abs. 3 S. 1, Abs. 5, 53 Abs. 9 S. 1 BRAO wird der Abwickler einer Anwaltskanzlei in eigener Verantwortung, jedoch im Interesse, für Rechnung und auf Kosten der Erben bzw. des früheren Rechtsanwalts tätig. Gem. § 55 Abs. 3 S. 2, Abs. 5 BRAO ist der Abwickler im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens berechtigt und verpflichtet, Kostenforderungen des verstorbenen oder ausgeschiedenen Rechtsanwalts im eigenen Namen, aber für Rechnung der Erben bzw. des früheren Rechtsanwalts geltend zu machen. Erfasst ist das Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 464b StPO, § 103 ff. ZPO, aber auch das Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 55 gegen die Staatskasse. Der Vergütungsantrag nebst Zahlungserklärungen muss vom Abwickler unterschrieben sein.
c) Abtretung an Rechtsanwälte und Nicht-Rechtsanwälte
Rz. 27
Den Festsetzungsantrag kann nach Abtretung des Vergütungsanspruchs gegen die Staatskasse durch den beigeordneten oder bestellten bzw. den im Wege der Prozesskostenhilfe zugezogenen (§§ 397a Abs. 2, 406 Abs. 3 Nr. 2 StPO) Rechtsanwalt (Zedent) nur der neue Rechtsanwalt (Zessionar) stellen. Der Rechtsanwalt, an den der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse abgetreten worden ist, kann deshalb die Vergütungsfestsetzung gem. § 55 beantragen. Nach § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO ist die Abtretung von Vergütungsforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Rechtsanwälte oder rechtsanwaltliche Berufsausübungsgemeinschaften i.S.d. § 59a BRAO explizit zulässig. Eine Einwilligung des Mandanten ist hierfür nicht erforderlich. Der BGH hatte bereits zu § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO a.F. entschieden, dass die Abtretung einer Honorarforderung an einen anderen Rechtsanwalt ohne Zustimmung des Mandanten allgemein zulässig sei. Der Abtretungsgläubiger kann deshalb die Vergütungsfestsetzung gem. § 55 beantragen.
Rz. 28
Nach § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO ist die Abtretung oder Übertragung des anwaltlichen Vergütungsanspruchs auch an einen Dritten (z.B. Verrechnungsstelle, Factoring) zulässig, wenn eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. Das gilt auch für den Vergütungsanspruch des gerichtlich beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse (§ 45). Der Vergütungsanspruch des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts ist kein höchstpersönlicher Anspruch, dessen Abtretbarkeit hierdurch ausgeschlossen ist. Es besteht somit insoweit kein Abtretungsverbot. Denn § 49b Abs. 4 BRAO stellt nur auf die Vergütungsforderung des Rechtsanwalts ab und regelt die Abtretbarkeit ohne Differenzierung danach, wer die Vergütung im Einzelfall schuldet, ob sie sich also gegen den Mandanten oder gegen die Staatskasse richtet.