Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
I. Überblick
1. Allgemeines
Rz. 1
§ 55 ist eine zentrale Verfahrensvorschrift, damit die öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse infolge Beiordnung oder Bestellung des Anwalts nach einheitlichen Grundsätzen überschaubar abgewickelt werden können. § 55 regelt das Verfahren zur Festsetzung des öffentlich rechtlichen Vergütungsanspruchs des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse (§ 45). Die Vorschrift regelt die Zuständigkeit sowie das Verfahren zur Festsetzung der Vergütung der gerichtlich beigeordneten und bestellten Rechtsanwälte. Bei dem in § 55 geregelten Festsetzungsverfahren gegen die Staatskasse handelt es sich um ein dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (zum Urkundsbeamten vgl. Rdn 107 ff.) übertragenes justizförmiges Verwaltungsverfahren, in dem sich der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt einerseits und die Staatskasse andererseits gegenüberstehen.
2. Einordnung des Verfahrens
Rz. 2
Das Verfahren nach § 55 ist ein vereinfachtes Betragsfestsetzungsverfahren. Die Festsetzung stellt keinen originären Verwaltungsakt, sondern einen Akt der Rechtsprechung im weiteren funktionellen Sinne dar. Die Bestimmung wird ergänzt durch bundeseinheitlich geltende Verwaltungsbestimmungen (Verwaltungsvorschrift Vergütungsfestsetzung – VwV Vergütungsfestsetzung). Von den Bundesländern können ergänzende Bestimmungen erlassen werden. Die Verwaltungsbestimmungen gelten zwar unmittelbar nur für die internen Abläufe im Rahmen der Justiz, wirken sich aber auch auf die gerichtlich beigeordneten und bestellten Rechtsanwälte aus.
3. Gegenstand des Verfahrens
Rz. 3
Sämtliche in Betracht kommende Zahlungsansprüche sowohl eines beigeordneten oder bestellten Anwalts als auch eines im Rahmen der Beratungshilfe tätig gewordenen Anwalts jeweils gegen die Staatskasse sollen in einem standardisierten Anmeldeverfahren erfasst und bearbeitet werden, um die Prüfung und Feststellung mit geringst möglichem Verwaltungsaufwand durchführen zu können. Es wird über den Vergütungsanspruch (vgl. dazu § 1 Abs. 1 S. 1: Gebühren und Auslagen) entschieden, der dem beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt (vgl. auch § 59a) oder dem Beratungshilfeanwalt nach §§ 44, 45 gegen die Staatskasse zusteht. Das Verfahren ähnelt der Vergütungsfestsetzung nach § 11 mit der Erweiterung, dass auch materiell-rechtliche Einwendungen erhoben werden können (vgl. dagegen § 11 Abs. 5), nicht hingegen der Kostenfestsetzung gem. §§ 103 ff. ZPO.
Rz. 4
Das Verfahren regelt die Festsetzung des eigenen Vergütungsanspruchs des Anwalts gegen die Staatskasse als Schuldner der Vergütung und keinen Erstattungsanspruch seines Schuldners gegen einen Dritten (siehe auch Rdn 201 ff. und § 45 Rdn 8 f.). Deshalb sind die im Verfahren gem. §§ 55, 56 ergehenden Entscheidungen ohne bindende Wirkung für das Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff. ZPO und die Vergütungsfestsetzung des Rechtsanwalts gegen den eigenen Auftraggeber gem. § 11. Ist in derselben Angelegenheit mehreren Verfahrensbeteiligten jeweils ein Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden, bildet jedes Festsetzungsverfahren ein eigenständiges Verfahren.
II. Entscheidungsträger
Rz. 5
Die Abs. 1 bis 4 und 7 bestimmen den für das Festsetzungsverfahren zuständigen Entscheidungsträger. Im Prinzip gilt für alle Hauptsacheverfahren, wo es zur Beiordnung oder Bestellung eines Anwalts gekommen ist, dass der Urkundsbeamte des erstinstanzlichen Gerichts entscheiden soll (Abs. 1 S. 1). Die Verknüpfung zu dem jeweils zuständigen Gericht ergibt sich für gewöhnlich daraus, dass dieses Gericht die Beiordnung oder Bestellung angeordnet hat (Abs. 1 S. 2). Das gilt auch für eine Beiordnung des Anwalts als Kontaktperson (Abs. 3) und sinngemäß ebenso für die Beratungshilfe, indem hier mangels eines konstituierenden Hoheitsaktes auf das Gericht der Antragstellung zurückgegriffen wird (Abs. 4).
Rz. 6
Nur soweit sich aus der kon...