Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
aa) Mitteilung der Anrechnungsgrundlagen
Rz. 66
Abs. 5 S. 3 verpflichtet den Anwalt, Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr als solche zu qualifizieren und auch deren Berechnungsgrundlage mitzuteilen. Neben dem gezahlten Betrag sind bei anzurechnenden Wertgebühren einschl. der Geschäftsgebühr nach VV 2300 (Satzrahmengebühr, modifizierte Wertgebühr) der Gebührensatz und der zugrunde gelegte Gegenstandswert, bei anzurechnenden Fest- und Betragsrahmengebühren deren Betrag anzugeben. Das soll dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ermöglichen, den Einfluss der Anrechnung auf die Höhe des Vergütungsanspruchs gegen die Staatskasse zu prüfen. Unerheblich ist wie bei Abs. 5 S. 2 auch hier, wer die Zahlung auf die anzurechnende Gebühr an den Rechtsanwalt geleistet hat. Anzugeben sind daher sämtliche Zahlungen des Mandanten oder von Dritten, zu denen auch die Staatskasse gehört (Rdn 59). Abs. 5 S. 3 enthält eine beispielhafte Konkretisierung, die den Begriff "Zahlungen" nicht eingrenzt.
bb) Nur tatsächlich erhaltene Zahlungen
Rz. 67
Der Regelung in Abs. 5 S. 3 ist zu entnehmen, dass auch im Zusammenhang mit im RVG an vielen Stellen geregelten Anrechnungen nur tatsächlich erfolgte Zahlungen vom beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt anzugeben sind. Das ist konsequent, weil nur an den beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt tatsächlich gezahlte Gebühren für eine Anrechnung im Verhältnis zur Staatskasse nach § 58 von Bedeutung sind. Eine nicht vom beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt vereinnahmte Gebühr ist nicht anzurechnen und deshalb ist insoweit auch nichts anzuzeigen oder anzugeben. Ist insbesondere die nach VV Vorb. 3 Abs. 4 auf die Verfahrensgebühr anzurechnende Geschäftsgebühr VV 2300 nicht an den Rechtsanwalt gezahlt worden, muss der Rechtsanwalt auch nicht mitteilen, ob er vorgerichtlich tätig war.
Eine entsprechende Anzeigepflicht ergibt sich weder aus § 55 Abs. 5 S. 3 noch aus anderen Regelungen des RVG.
Rz. 68
Auf welche Weise die gezahlte Geschäftsgebühr auf die aus der Staatskasse zu erstattende Verfahrensgebühr anzurechnen ist – unter Beachtung von § 58 Abs. 2 oder unmittelbar nach VV Vorb. 3 Abs. 4 –, ist umstritten. Teilweise wird aber darüber hinaus die unzutreffende Auffassung vertreten, dass es bei der Anrechnung der Geschäftsgebühr VV 2300 gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 auch für den im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt nur darauf ankommt, ob die Geschäftsgebühr entstanden ist. Auf eine Zahlung könne nicht abgestellt werden. Wenn der Gesetzgeber durch § 55 Abs. 5 S. 3 zum Ausdruck bringt, dass auch hinsichtlich der Geschäftsgebühr nur die Anzeige einer tatsächlich erhaltenen Zahlung erforderlich ist, um dem Urkundsbeamten für die Festsetzung der Vergütung alle Daten zur Verfügung zu stellen, die er benötigt, um zu ermitteln, in welchem Umfang die Zahlungen nach § 58 Abs. 1 und 2 auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festzusetzende Gebühr zu behandeln sind, kann das systematisch nur so verstanden werden, dass auch bei der Anrechnung nur die gezahlte Geschäftsgebühr von Bedeutung sein soll. Außerdem lässt diese Auffassung unberücksichtigt, dass die Anrechnung der vom beigeordneten Rechtsanwalt außerhalb der PKH vereinnahmten Geschäftsgebühr nach allerdings umstrittener Auffassung nach § 58 Abs. 2 zu beurteilen ist. Die tatsächlich gezahlte Geschäftsgebühr ist also zunächst auf die Vergütung anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur gem. § 50 besteht. Vor diesem Hintergrund bleibt kein Raum für die Annahme, eine nicht vom beigeordneten Rechtsanwalt vereinnahmte, nur entstandene Geschäftsgebühr verringere unmittelbar den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse. Dadurch würde der beigeordnete Rechtsanwalt, der die Geschäftsgebühr erhalten hat, letztlich besser gestellt als der Rechtsanwalt, an den sie nicht gezahlt worden ist.
Der durch das KostRÄG 2021 zum 1.1.2021 eingefügte § 58 Abs. 2 S. 2 stellt das klar: Bei Anrechnung einer Gebühr, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht besteht, auf eine Gebühr, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, vermindert sich der Anspruch gegen die Staatskasse nur insoweit, als der Rechtsanwalt insgesamt durch eine Zahlung auf die anzurechnende Gebühr und den Anspruch auf die ohne Anrechnung ermittelte andere Gebühr mehr als den sich aus § 15a Abs. 1 ergebenden Gesamtbetrag erhalten würde. Die Anrechnung einer auf eine vorgerichtliche Geschäftsgebühr erfolgten Zahlung kommt damit nur dann in Betracht, wenn die Zahlung dazu führt, dass die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung und dem insgesamt nach § 49 bestehenden Anspruch völlig beglichen ist (sieha auch die Erl. zu § 58 Abs. 2).