Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
aa) Bindende Bewilligung
Rz. 148
Es findet grundsätzlich keine Prüfung statt, ob die Beratungshilfe durch den Rechtspfleger zu Recht bewilligt worden ist. Die Beratungshilfebewilligung ist für den Urkundsbeamten bindend.
Wird Beratungshilfe nur für die Beratung, nicht aber eine Vertretung bewilligt, ist diese Einschränkung unabhängig von der Frage ihrer Zulässigkeit für die Festsetzung der Beratungshilfevergütung bindend.
bb) Gebührenrechtliche Angelegenheit – Anzahl der Berechtigungsscheine
Rz. 149
Der Rechtspfleger hat zwar bei Erteilung des Berechtigungsscheins bzw. bei der nachträglichen Bewilligung festgelegt, für welche Angelegenheit die Beratungshilfe gewährt wird. Allerdings obliegt die Bewertung der im Berechtigungsschein als solche bezeichneten Angelegenheit in gebührenrechtlicher Hinsicht nicht dem Rechtspfleger im Bewilligungsverfahren, sondern ist allein der späteren Beurteilung durch den Urkundsbeamten im anschließenden Vergütungsfestsetzungsverfahren vorbehalten. Dieser allein entscheidet, wie viele gebührenrechtliche Angelegenheiten i.S.v. §§ 15 ff. Ausfluss der Bewilligung sind. Die Anzahl der zu vergütenden Angelegenheiten wird dem Urkundsbeamten damit insbesondere nicht durch die Zahl der erteilten Berechtigungsscheine vorgegeben.
Einem Berechtigungsschein können daher mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten, mehreren Berechtigungsscheinen kann dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit zugrunde liegen. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob im Berechtigungsschein der Begriff der Angelegenheit lediglich im Singular verwendet worden ist.
cc) Geschäftsgebühr – Prüfung der Erforderlichkeit der Vertretung
Rz. 150
Umstritten ist, ob die Erforderlichkeit der Vertretung (VV 2503) im Verfahren gem. § 55 vom Urkundsbeamten zu prüfen ist (vgl. Rdn 122). Gleiches gilt für die Prüfung, ob eine vergleichsweise Regelung zur Rechtsverfolgung "notwendig" i.S.d. § 91 ZPO war. Die Entscheidung, ob der Anwalt nur beraten oder vertreten soll, und deshalb die Entscheidung darüber, ob eine Beratungs- oder Geschäftsgebühr anfällt, trifft auch in der Beratungshilfe zunächst der rechtsuchende Mandant durch den dem Anwalt erteilten Auftrag. Eine Geschäftsgebühr kann nur anfallen, wenn der Anwalt auftragsgemäß nach außen gerichtet vertreten sollte (VV 2503 Rdn 17 f.). Abzugrenzen ist also allein anhand des Auftrags und nicht etwa anhand der tatsächlich entfalteten konkreten Tätigkeit, der allerdings indizielle Funktion für den Auftragsinhalt beigemessen werden kann. Die für eine Beratung notwendige Beschaffung von Informationen (z.B. durch Akteneinsicht) ist dann mit der Beratungsgebühr abgegolten, wenn der Rechtsanwalt nur einen Beratungsauftrag hatte.
Rz. 151
§ 2 Abs. 1 S. 1 BerHG ordnet an, dass die Beratungshilfe in Beratung und, soweit erforderlich, in Vertretung besteht. Eine Vertretung ist gem. § 2 Abs. 1 S. 2 BerHG erforderlich, wenn der Rechtsuchende nach der Beratung angesichts des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Rechtsangelegenheit für ihn seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann. § 2 Abs. 1 BerHG gilt nur für den die Beratungshilfe bewilligenden Rechtspfleger sowie den Beratungshilfeanwalt. Dieser entscheidet nach der Beratung, ob eine Vertretung erforderlich ist. Der Urkundsbeamte ist nicht befugt, die Festsetzung einer entstandenen Geschäftsgebühr (vgl. Rdn 88b) mit der Begründung abzulehnen, eine anwaltliche Vertretung des Rechtsuchenden i.S.v. § 2 Abs. 1 BerHG sei nicht erforderlich gewesen und eine Geschäftsgebühr deshalb nicht erstattungsfähig. § 55 erlaubt anders als § 46 für Auslagen und Aufwendungen keine Erforderlichkeitsprüfung hinsichtlich entstandener Gebühren. Insbesondere erfolgt kein Verweis auf § 2 Abs. 1 BerHG, sondern in Abs. 5 S. 1 lediglich zur Frage der Glaubhaftmachung von Gebühren und Auslagen auf § 104 Abs. 2 ZPO.
Rz. 152
Deshalb weist das LG Berlin zutreffend darauf hin, dass der Umstand, dass der Rechtspfleger bei der Bewilligung von Beratungshilfe vorab nicht prüfen kann, ob die anwaltliche Vertretung erforderlich ist, nicht dazu führen kann, dass unter Missachtung der gesetzlichen Regelungen über die Bewilligung der Beratungshilfe und die Festsetzung der Vergütung die einzelnen Rechtsvorschriften einschließlich der Zuständigkeitsrege...