Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
aa) Grundsätzliche Bedeutung
Rz. 43
Der Wert des Beschwerdegegenstands (mind. 200,01 EUR) stellt allerdings keine starre Zulässigkeitsschranke dar, weil das Erinnerungsgericht die Beschwerde wertunabhängig zulassen kann, wenn der zur Entscheidung stehenden Frage grundsätzliche Bedeutung zukommt (Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 2; siehe dazu § 33 Rdn 96 ff.). Die Einlegung der Beschwerde ist dann auch ohne Erreichen der gem. Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 3 S. 1 erforderlichen Beschwerdesumme von 200,01 EUR zulässig. Von grundsätzlicher Bedeutung sind ungeklärte Rechtsfragen, deren Beantwortung über den konkreten Rechtsfall hinaus für alle weiteren Fälle dieser Art entscheidungserheblich sein kann. Die grundsätzliche Bedeutung ist auch dann zu bejahen, wenn aufgrund abweichender Rechtsprechung Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage besteht und eine Vereinheitlichung durch eine obergerichtliche Grundsatzentscheidung erforderlich ist (vgl. § 33 Rdn 96 ff.).
Rz. 44
Die Voraussetzungen zur Zulassung der Beschwerde sind vom Erinnerungsgericht von Amts wegen zu prüfen. Die Zulassung steht nicht im freien Ermessen des Gerichts. Die Zulassung der Beschwerde ist zwingend, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen (vgl. § 33 Rdn 105). Ein Antrag auf Zulassung der Beschwerde ist daher verfahrensrechtlich nicht erforderlich. Es ist aber sinnvoll, die Zulassung der Beschwerde anzuregen und zur grundsätzlichen Bedeutung der Sache vorzutragen (§ 33 Rdn 97).
bb) Form der Zulassung
Rz. 45
Die Zulassung der Beschwerde kann sowohl im Tenor als auch in der Begründung der Entscheidung erfolgen (siehe § 33 Rdn 101). Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden (§ 33 Abs. 4 S. 4 Hs. 1). Enthält der Beschluss keine Zulassung der Beschwerde, wird damit schlüssig die Nichtzulassung erklärt; diese ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 S. 4 Hs. 2). Es gibt keine Nichtzulassungsbeschwerde. Die Zulassung kann nicht nachgeholt werden. Die Zulassung der Beschwerde muss deshalb in dem Beschluss, mit dem über die Erinnerung entschieden worden ist, ausgesprochen worden sein. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich zwar, dass die Zulassung der Beschwerde nicht nur in der angefochtenen Entscheidung erfolgen, sondern auch noch später – etwa nach Einlegung und Begründung der Beschwerde – nachgeholt werden kann. Die Möglichkeit der nachträglichen bzw. der Nachholung der Zulassung der Beschwerde ist jedoch in den Gesetzeswortlaut nicht aufgenommen worden, sodass die nachträgliche Zulassung von der überwiegenden Meinung zutreffend abgelehnt wird. Eine in der Erinnerungsentscheidung übersehene Zulassung kann allenfalls unter den Voraussetzungen von § 319 ZPO nachgeholt werden.
cc) Bindende Zulassung
Rz. 46
Nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 4 Hs. 1 ist das Beschwerdegericht an die Zulassung der Beschwerde gebunden, selbst wenn das Erinnerungsgericht die grundsätzliche Bedeutung der Sache als Voraussetzung für die Zulassung zu Unrecht bejaht hat. Nicht gebunden ist der BGH aber an die Zulassung einer Beschwerde durch das OLG als Erinnerungsgericht. Das gilt entsprechend für Erinnerungsentscheidungen des LAG, des LSG, des FG, des VGH bzw. des OVG. Denn gegen deren Erinnerungsentscheidungen kann wegen Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 4 S. 3 keine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes eingelegt werden. Die Zulassung kann nicht dazu führen, dass dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Die unzulässige nachträgliche Zulassung (vgl. Rdn 45) der Beschwerde (z.B. in einem Nichtabhilfebeschluss) ist für das Beschwerdegericht nicht bindend.