Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Allgemeines
Rz. 81
In den §§ 33 Abs. 5, 56 Abs. 2 S. 1 wird das Verfahren über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geregelt, wenn der Beschwerdeführer unverschuldet an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der Beschwerde oder der weiteren Beschwerde nach § 33 Abs. 3 S. 3, Abs. 6 S. 4 verhindert war. Diese Vorschriften gehen als speziellere Regelungen für diese Verfahren den allgemeinen Bestimmungen vor.
2. Antrag/Form des Antrags
Rz. 82
Die Wiedereinsetzung wird nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag gewährt. Der Antrag kann nach § 33 Abs. 7 S. 1, § 129a ZPO zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des AG gestellt werden. Der Antrag kann auch schriftlich eingereicht werden, nach 12b (vgl. auch § 130a ZPO) bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen auch als elektronisches Dokument. Anwaltszwang besteht nicht (vgl. § 78 Abs. 3 ZPO). Siehe auch Rdn 47.
3. Frist
Rz. 83
Nach § 33 Abs. 5 S. 2 kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden, wenn seit dem Ablauf der Frist zur Einlegung der Beschwerde bzw. der weiteren Beschwerde ein Jahr verstrichen ist. Die Wiedereinsetzung kann nur gewährt werden, wenn der Beschwerdeführer die Beschwerde bzw. die weitere Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt.
4. Fristversäumung wegen unterlassener oder fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung
Rz. 84
Gem. § 12c hat jede anfechtbare Entscheidung eine Belehrung über den statthaften Rechtsbehelf sowie über das Gericht, bei dem dieser Rechtsbehelf einzulegen ist, über dessen Sitz und über die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten. Hat der Beschwerdeführer die Frist zur Einlegung der Beschwerde bzw. weiteren Beschwerde gegen die Erinnerungs- oder Beschwerdeentscheidung wegen einer unterlassenen bzw. fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung versäumt, stellt § 33 Abs. 5 S. 2 klar, dass ein Fehlen des Verschuldens der Frist vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. § 33 Abs. 5 S. 2 enthält damit eine gesetzliche Vermutung, nach der die unterlassene beziehungsweise fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung ursächlich für ein Fristversäumnis ist. Der Gesetzgeber hat die "Wiedereinsetzungslösung" gewählt, um einerseits die Bestandskraft kostenrechtlicher Maßnahmen nicht unnötig hinauszuzögern, andererseits aber einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.
Rz. 85
Da sich die Rechtsbehelfsbelehrung in den in § 56 geregelten Rechtsmittelverfahren an Rechtsanwälte richtet, ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Rechtsanwalt durch die unterlassene oder fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung tatsächlich ohne sein Verschulden gehindert war, die Frist zur Einlegung der Beschwerde oder der weiteren Beschwerde einzuhalten. Das kann beispielsweise dann zu verneinen sein, wenn der Rechtsanwalt vor Sozialgerichten regelmäßig auftritt, in den überwiegenden Verfahren im Wege der PKH beigeordnet wird und als Beschwerdeführer eine Vielzahl von Gebührenbeschwerden nach dem RVG betrieben hat. Der Anwendungsbereich des § 33 Abs. 5 S. 2 wird hierdurch deutlich einschränkt und stellt damit die Sinnhaftigkeit der Regelung als solche in Frage. Denn die in § 56 geregelten Verfahren werden insbesondere von Rechtsanwälten als Beschwerdeführer betrieben, für die dann aber eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei den Fällen fehlerhafter und fehlender Rechtsmittelbelehrungen regelmäßig nicht in Betracht kommt; sie läuft de facto leer. Nach den Motiven des Gesetzgebers sollte die Wiedereinsetzung ausgeschlossen sein, wenn die Partei wegen vorhandener Kenntnis über ihre Rechtsbehelfe keiner Unterstützung durch eine Rechtsbehelfsbelehrung bedarf.
5. Inhalt des Antrags
Rz. 86
Im Antrag müssen die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft gemacht werden (vgl. zur Glaubhaftmachung § 294 ZPO). Es müssen also alle tatsächlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit und Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags angeführt werden. Es sind somit Angaben zur versäumten Frist, hinsichtlich des Hindernisses, das der Einlegung der Frist entgegenstand, zum Wegfall dieses Hindernisses und zum fehlenden Verschulden der Fristversäumung erforderlich. Insbesondere sollte dargelegt werden, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Versäumung der Frist gekommen ist.
6. Zuständigkeit
Rz. 87
Zuständig für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ist das Gericht, das über die Beschwerde bzw. die weitere Besc...