Rz. 34

Für den Anwalt bestimmte Leistungen sind nur in dem Umfang anrechenbar, wie sie die konkrete Angelegenheit (§ 15 Abs. 1) abgelten sollen, die Gegenstand der Beiordnung oder Bestellung (siehe § 45 Rdn 41 f., § 48 Rdn 8 ff.) geworden ist. Auch für diese Zuordnung ist in erster Linie auf die Tilgungsbestimmung des Leistenden abzustellen.

 

Beispiel: Aufgrund einer Schlägerei ist die Partei wegen Körperverletzung angeklagt und auf Schmerzensgeld verklagt. Ein Beteiligter will ihre strafrechtliche Verurteilung verhindern und zahlt an den Anwalt 1.000 EUR für die Verteidigung im Strafprozess. Für ihre Rechtsverteidigung gegen die Schmerzensgeldklage ist der Partei Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt und der Anwalt beigeordnet worden.

Eine Anrechnung der Zahlung auf die im Zivilprozess von dem Anwalt verdienten Gebühren findet angesichts der Tilgungsbestimmung des Leistenden nicht statt. Damit greift auch § 58 nicht ein, soweit der Anwalt infolge seiner Beiordnung eine Vergütung von der Staatskasse verlangen kann.

 

Rz. 35

Hat der Leistende keine Tilgungsbestimmung getroffen und ergibt sich eine solche auch nicht durch Auslegung, obwohl mehrere Vergütungsansprüche des Anwalts gegenüber der Partei nebeneinander bestehen, findet § 366 Abs. 2 BGB unmittelbar Anwendung.

 

Variante: Weil bei dem Anwalt noch Forderungen offen sind, will er die Partei wegen der Schlägerei nur vertreten, wenn diese einen "Abschlag" von 1.000 EUR zahlt. Daraufhin überweist ihm ein Verwandter der Partei ohne jedweden Verwendungszweck diesen Betrag.

Die 1.000 EUR sind zunächst auf die Altschulden zu verrechnen. Bleibt alsdann noch ein Restbetrag, so stehen das Verteidigerhonorar in der Strafsache und die Anwaltsvergütung im Zivilprozess zwar zeitgleich nebeneinander. Letztere ist jedoch dem Anwalt insgesamt sicherer, weil die Staatskasse (jedenfalls überwiegend) wie eine Bürgin haftet (vgl. § 45 Rdn 7). Deshalb findet § 58 nur Anwendung, wenn und soweit nach Tilgung aller sonstigen Forderungen noch ein Überschuss für die Verteidigung gegen die Schmerzensgeldklage verbleibt.

 

Rz. 36

Hat der Leistende die Tilgungsbestimmung getroffen, dass auf einen bestimmten Teil des Anspruchs gezahlt werden soll, kann auch nur insoweit eine Anrechnung erfolgen, als die Staatskasse für diesen Teil des Anspruchs haftet.

 

Beispiel: Der Verteidiger des Angeklagten hält die Begutachtung einer Unterschrift für erforderlich. Das Gericht hat jedoch seinen Antrag nach § 46 Abs. 2 abgelehnt. Daraufhin zahlt ein Freund des Angeklagten an den Anwalt den Betrag, den das Gutachten kosten soll.

Verweigert der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bei der Festsetzung nach § 55 die Festsetzung der Gutachterkosten, kann die Zahlung des Dritten nicht auf die ansonsten von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen angerechnet werden, weil die Leistungen nicht deckungsgleich sind.[39]

[39] Vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 1996, 368.

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