Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Forderungssperre für die Staatskasse
Rz. 37
Infolge Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist jeder Vergütungsanspruch des beigeordneten Anwalts gegen die Partei für seine Tätigkeiten im Rahmen der Beiordnung grundsätzlich einredebehaftet (Forderungssperre, § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Er besteht nur in der Rechtsqualität einer Naturalobligation. Die Einrede der mangelnden Durchsetzbarkeit gehört zu den Einwendungen des § 404 BGB. Dieser Begriff ist aus Gründen des Schuldnerschutzes im weitesten Sinne zu verstehen. Der Schuldner darf durch einen Gläubigerwechsel grundsätzlich keinerlei Rechtsnachteil erfahren. Da § 404 BGB auf den gesetzlichen Forderungsübergang entsprechend anwendbar ist (vgl. Rdn 7), kann die Partei die Einrede auch der Staatskasse entgegenhalten, soweit diese durch eine Zahlung an den Anwalt zur neuen Gläubigerin wird. Denn gem. § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ZPO kann die Staatskasse die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Anwälte gegen die Partei nur nach den vom Gericht getroffenen Zahlungsbestimmungen geltend machen.
b) Verrechnungssperre
Rz. 38
Die Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hindert auch eine Verrechnung des übergegangenen Vergütungsanspruchs mit Gegenforderungen der Partei etwa aufgrund überhöhter Gerichtskostenzahlungen, solange der PKH-Beschluss nicht aufgehoben oder abgeändert wurde. Sie greift hingegen dort nicht ein, wo auch der Anwalt berechtigt wäre, seinen Vergütungsanspruch durchzusetzen. Eine solche Konstellation kann sich aus den Anrechnungsvorschriften VV Vorbem. 3 Abs. 4 oder VV 4100 Abs. 2 ergeben, wenn die Partei den anrechenbaren Teil einer (vor Beiordnung oder Bestellung) angefallenen Geschäfts- bzw. Grundgebühr noch nicht gezahlt hat. Denn die Anrechnung als solche vermag den Vergütungsanspruch des Anwalts gegen die Staatskasse nicht zu reduzieren, selbst wenn dieser Teil der Gebühr als Erstattungsforderung der Partei gegen den Gegner bereits tituliert ist, sondern nur jede Zahlung auf den anrechenbaren Betrag (siehe § 58 Rdn 14 ff.). Deshalb geht, soweit die Verfahrensgebühr von der Staatskasse getragen wird, ein noch bestehender Anspruch des Anwalts auf den insoweit anzurechnenden Teil der Geschäfts- bzw. Grundgebühr einredefrei auf diese über. Bei der Geltendmachung ist allerdings der Vorrang des Anwalts gem. Abs. 1 S. 2 ebenso zu beachten wie im Fall einer Zahlung an den Anwalt selbst (§ 58 Abs. 2 und 3).
c) Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmungen
Rz. 39
Hat das Gericht eine Zahlungsbestimmung nach § 120 Abs. 1 ZPO getroffen und die Partei Zahlungen erbracht, besteht insoweit allerdings keine Notwendigkeit einer Erhebung des übergegangenen Vergütungsanspruchs gegen die Partei, um die von der Staatskasse an den Anwalt geleistete Vergütung auszugleichen. Nach § 50 sind diese Zahlungen (auch) mit der Gebührenschuld der Partei ursprünglich dem Anwalt und nunmehr der Staatskasse gegenüber zu verrechnen (vgl. Rdn 30). Um die hierdurch eröffnete Möglichkeit der Ausgleichung auszuschöpfen, hat gem. Nr. 7.1 Abs. 3 DB-PKHG der Kostenbeamte die Akten nach Aufstellung der Kostenrechnung, die den übergegangenen Anspruch einschließt (Nr. 7.1 Abs. 1 DB-PKHG), unverzüglich dem Rechtspfleger vorzulegen, der darüber befindet, was zur Wiederaufnahme oder Einstellung der Zahlungen zu veranlassen ist, Nr. 8.1 bis 8.4 DB-PKHG.
d) Fälle des § 138 FamFG und des § 67a Abs. 1 S. 2 VwGO
Rz. 40
Der im Fall einer Beiordnung des Anwalts gem. § 138 FamFG oder seiner Bestellung gem. § 67a Abs. 1 S. 2 VwGO nach Zahlung der Staatskasse auf diese übergegangene Anspruch des Anwalts gegen den oder die Vertretenen hat für das Ziel einer Kostenfreistellung der Staatskasse grundsätzlich die nämliche Bedeutung wie das übergegangene Beitreibungsrecht des Anwalts gegen den Gegner. Auf seine Durchsetzbarkeit ist die Staatskasse sogar angewiesen, falls der Gegner nicht erstattungspflichtig ist. Auch hier hat der Kostenbeamte den Betrag zu ermitteln, der von dem Vertretenen oder dem einzelnen Streitgenossen nach vollständiger Befriedigung des Anwalts noch verlangt werden kann, sowie zu prüfen und darüber zu befinden, inwieweit diese Verpflichtungen für eine Kostenentlastung der Staatskasse einzusetzen sind. Sodann stellt er den jeweiligen Betrag zum Soll zwecks Einziehung durch die Gerichtskasse (vgl. Rdn 35 f.)