Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Eigene Partei
Rz. 16
Ob die Staatskasse einen Ausgleich ihrer Zahlungen an den Anwalt erreichen kann, ist bei ratenfreier Prozesskostenhilfe regelmäßig vom Übergang eines Beitreibungsrechts des Anwalts gegen den Gegner abhängig. Der auf die Staatskasse übergehende Vergütungsanspruch des Anwalts gegen die eigene Partei hat hingegen so gut wie keine praktische Bedeutung, da er grundsätzlich nicht (bei Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung) bzw. nur im Rahmen der angeordneten Ratenzahlungen durchsetzbar ist, § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ZPO. Nur wenn die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben wird (§ 124 ZPO), darf der Anspruch geltend gemacht werden, Teil I A Nr. 2.4.1 S. 4 VwV Vergütungsfestsetzung (vgl. Rdn 25). Auch bei einer Prozesskostenhilfe mit Zahlungsanordnung kann der Ausgleich der an den Anwalt geleisteten Vergütung vom Übergang eines Beitreibungsrechts gegen den Gegner auf die Staatskasse abhängen, wenn nämlich die angeordneten Zahlungen insgesamt nicht hinreichen, die Gerichtskosten nebst Grundvergütung des Anwalts zu decken, oder aber nicht bis zu dieser Höhe aufgebracht werden (können).
b) Erstattungspflichtiger Gegner
Rz. 17
Das Beitreibungsrecht des Anwalts ist aus dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch der Partei abgeleitet und setzt daher notwendig einen zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel voraus, § 103 Abs. 1 S. 1 ZPO (vgl. § 55 Rdn 193). Es reicht nicht hin, dass die Partei eine solche Kostengrundentscheidung zu erwirken vermag; solange sie nicht vorliegt, besteht keine Erstattungspflicht des Gegners und also auch kein Beitreibungsrecht des Anwalts, welches auf die Staatskasse übergehen könnte. Weder der Anwalt noch die Staatskasse haben die Befugnis, einen noch nicht titulierten Kostenerstattungsanspruch der Partei an ihrer Statt zu verfolgen. Kommt es zu einer Kostengrundentscheidung zugunsten der Partei, die schon zuvor auf eine Kostenerstattung verzichtet hat, kein Beitreibungsrecht des Anwalts, das übergehen könnte.
Ergeht eine Kostengrundentscheidung nur auf Antrag, so hat allein die Partei darüber zu befinden, ob dieser gestellt werden soll. Unterbleibt der Antrag, so kann ein Beitreibungsrecht mangels Entstehung nicht übergehen. Nach § 269 Abs. 4 S. 2 ZPO entscheidet das Gericht von Amts wegen über die Kosten des Rechtsstreits, wenn der Kläger seine Klage gegen einen Beklagten zurücknimmt, dem Prozesskostenhilfe gewährt worden ist. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Beklagte einen Kostenantrag gem. § 269 Abs. 4 ZPO stellt.
c) Bestandskräftige Kostenentscheidung
Rz. 18
Kommt es zu einer Entscheidung, wonach der Gegner die Prozesskosten (ganz oder teilweise) zu tragen hat, so ist ein Beitreibungsrecht des beigeordneten Anwalts nach § 126 ZPO zwar entstanden, aber in seinem Fortbestand erst sicher, wenn dieser Titel bestandskräftig wird und der daraus erwachsene Anspruch nicht vor seiner Geltendmachung durch zwischenzeitliche Verfügungen über den konkurrierenden Kostenerstattungsanspruch der Partei wieder untergegangen ist.
d) Dispositionsbefugnis über Kostenausspruch
Rz. 19
Solange das Verfahren, auf das sich die Beiordnung erstreckt, noch rechtshängig, also noch nicht endgültig abgeschlossen ist, umfasst die Dispositionsbefugnis der Partei auch den Kostenausspruch. Etwa durch (einverständliche) Klagerücknahme, einen Prozessvergleich oder auch durch einen außergerichtlichen Vergleich mit dem Gegner kann sie über einen bereits ergangenen Titel verfügen und eine neue Kostenregelung herbeiführen, wonach ihr kein Erstattungsanspruch zustehen soll. Dadurch entfällt das Beitreibungsrecht des Anwalts ex tunc (Argument aus § 269 Abs. 1 und 3 ZPO).
e) Absicht der Schädigung der Staatskasse
Rz. 20
Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn die bedürftige Partei die Kostenentlastung des Gegners vorgenommen hat in dem Bewusstsein, hierdurch dessen Inanspruchnahme seitens des Anwalts oder der Staatskasse zu verhindern. Wirken allerdings die Prozessparteien insoweit kollusiv zusammen, indem die bedürftige Partei "freiwillig" die Kosten übernimmt, etwa um einen Nachlass bei ihren Schulden zu erreichen, so kann darin eine sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB liegen. Diese Handlungsweise hätte zwar nicht die Unwirksamkeit des Kostentitels zu Folge, wohl aber, dass sich der Gegner darauf nicht berufen könnte. Vielmehr wäre er dem Geschädigten gegenüber...