Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
I. Regelungsgehalt (Abs. 1)
Rz. 1
Durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beiordnung eines Anwalts entsteht eine Dreiecksverbindung zwischen Partei, Fiskus und Anwalt. Die Einschaltung der Staatskasse stellt sicher, dass einerseits die Partei in einer nicht aussichtslosen Sache anwaltlich vertreten wird und dass zum anderen der Anwalt für seine Tätigkeit ein Honorar erhält. Diese Interessenlage und -verknüpfung ähnelt der einer Bürgschaft gem. §§ 765 ff. BGB (vgl. § 45 Rdn 7). Gleichsam wie ein Bürge fördert die Staatskasse durch ihre gesetzliche Vergütungspflicht den Abschluss des Anwaltsvertrages für die Partei und dessen Erfüllung für den Anwalt. Dem trägt § 59 Rechnung, indem er mit Abs. 1 ebenso wie bei der Bürgschaft (§ 774 Abs. 1 BGB) einen gesetzlichen Forderungsübergang (S. 1) mit subsidiärer Durchsetzbarkeit für den Erwerber (S. 2) normiert.
Rz. 2
Allerdings reicht der Anspruchsübergang weiter als nach § 774 BGB, weil nicht nur die Forderung des Anwalts gegen die von ihm vertretene Partei (Hauptschuldnerin), sondern auch sein eigenes Beitreibungsrecht gegen einen ersatzpflichtigen Gegner (§ 126 ZPO) auf den Fiskus übergeht. Damit ist jedoch keine abweichende Gewichtung der beteiligten Interessen verbunden. Das eigene Beitreibungsrecht wird dem Anwalt gleichsam als Sicherheit kraft Gesetzes für die Erfüllung seines Vergütungsanspruchs gegen die eigene Partei gewährt; Sicherheiten gehen aber bei einer Bürgschaft ebenfalls mit über (§§ 412, 401 BGB).
Rz. 3
Im Fall einer Beiordnung nach § 138 FamFG oder einer Bestellung nach § 67a Abs. 1 S. 2 VwGO ähnelt die bürgenähnliche Stellung der Staatskasse noch mehr dem gesetzlichen Leitbild, weil hier ihre Haftung erst eingreift, wenn sich der zur Zahlung Verpflichtete in Verzug befindet (§§ 45 Abs. 2, 47 S. 2). Die Hauptforderung des Anwalts gegen den Vertretenen ist nicht wie bei einer Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe einredebehaftet und damit für den Fiskus ohne weiteres durchsetzbar.
II. Eigenes Beitreibungsrecht der Staatskasse (Abs. 2)
Rz. 4
Was die Beitreibung eines übergegangenen Anspruchs anbelangt, hat die Staatskasse mit einem Bürgen allerdings nichts Gemeinsames mehr. Im formellen Recht gewährt ihr der Gesetzgeber stets eine privilegierte Position, wenn es um fiskalische Belange öffentlich-rechtlicher Art geht. Eigene Ansprüche kann sie grundsätzlich, und so auch hier, im Verwaltungsweg festlegen (lassen) und beitreiben (Abs. 2). Zwar findet eine funktionale Trennung statt, indem der Rechtspfleger den übergegangenen Anspruch weisungsunabhängig ermittelt (Rdn 36). Das reicht aber bereits für eine hoheitliche Durchsetzung. Der Kostenschuldner wird nicht gehört und von Anfang an in die Rolle des Angreifers gedrängt, falls er einen vermeintlichen Anspruch (so) nicht gelten lassen will. Im Verhältnis zu seiner Rechtsstellung gegenüber einem sonstigen Gläubiger ist das eine Verschlechterung, die er nach Abs. 2 als Schuldner des beigeordneten oder bestellten Anwalts hinnehmen muss, soweit die Staatskasse einen Forderungsübergang für sich reklamiert.
III. Beratungshilfe (Abs. 3)
Rz. 5
Im Fall der Beratungshilfe (Abs. 3) besteht die Besonderheit, dass der Anwalt von dem Rechtsuchenden keinesfalls mehr als 15 EUR verlangen kann (VV 2500). Die Gebühren im Rahmen der Beratungshilfe (VV 2501 ff.) schuldet allein die Staatskasse. Diese rechtliche Konstruktion beruht aber nicht auf einer anderen Bewertung des Interesses der Staatskasse an einem Rückgriff infolge geleisteter Zahlungen noch führt sie zu einer abweichenden Bewertung. Gegenstand des Forderungsübergangs kann hier allein der Anspruch des Anwalts gegen den Gegner des Rechtsuchenden sein (§ 9 S. 2 BerHG). Insoweit erscheint die entsprechende Anwendung des Abs. 1 nur konsequent (vgl. Rdn 44).