I. Ermittlung der (Raten-)Zahlungspflicht der Partei

 

Rz. 55

Bei einer Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmung und nur eingeschränkter Einstandspflicht der Staatskasse sollte der beigeordnete Anwalt überschlägig ermitteln, ob die angeordneten Zahlungen (bei Ratenzahlungen höchstens 48 Monatsbeträge; § 115 Abs. 1 S. 4 ZPO) voraussichtlich ausreichen werden, seine volle Anwaltsvergütung eines Wahlanwalts (§ 13) und die Gerichtskosten zu decken. Ist das der Fall, erweist sich sein Interesse an einer Entlohnung mit den vollen Gebühren regelmäßig als gesichert. Reichen hingegen die Zahlungen wohl nicht oder ist ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt, so kann der Anwalt über die Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 hinaus eine weitere Entlohnung nur erreichen, wenn es ihm gelingt, zu seinen Gunsten eine Erstattungspflicht des Gegners zu erwirken.

II. Prüfung der Kostenquotelung

 

Rz. 56

Sein besonderes Augenmerk sollte deshalb zunächst der Kostenregelung gelten. Soweit er darauf Einfluss nehmen kann, wäre es verfehlt, dem Gegner durch eine großzügige Quote entgegenzukommen, etwa um die Hauptschuld der Partei gering zu halten, falls per Saldo ein Überschuss zugunsten der Partei erreicht werden könnte. Dann verbietet sich auch eine Kostenaufhebung gem. § 92 Abs. 1 S. 2 ZPO. Ein Aktivsaldo in der Kostenendabrechnung setzt nicht notwendig eine Haftungsquote des Gegners von 50 % oder mehr voraus. Entscheidend sind die jeweils angefallenen Kosten dem Betrag nach. Sind diese bei der Partei deutlich höher, kann auch eine Erstattungspflicht des Gegners von unter 50 % zu einem nennenswerten Überschuss führen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Partei ein selbstständiges Beweisverfahren auf eigene Kosten betrieben hat.

III. Abrechnungsverhalten

 

Rz. 57

Dem beigeordneten oder bestellten Anwalt sollte im eigenen Interesse daran gelegen sein, möglichst viele Kostenpositionen der Partei mit in die Abrechnung einzubringen, damit sich die Abzüge bei seinem Beitreibungsrecht infolge gegnerischer Erstattungsansprüche (§ 126 Abs. 2 ZPO) relativieren. Je geringer der Anteil der beitreibbaren Anwaltskosten an den Gesamtkosten der Partei ist, umso weniger werden diese Kosten bei gleichzeitiger Geltendmachung der sonstigen Parteikosten durch eine Aufrechnung belastet (siehe Rdn 50).

IV. Anrechnung einer gezahlten Geschäftsgebühr

 

Rz. 58

Eine besondere Problematik ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Anrechnung (§ 15a) und nur bei tatsächlicher Zahlung (§ 58 Abs. 2) in folgender Situation: Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe bewilligt. Dem Antragsteller wird im Rechtsstreit die Erstattung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr VV 2300 zugesprochen. Der Anwalt erhält die volle Verfahrensgebühr VV 3100 im Wege der Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse ausgezahlt. Sodann treibt der Anwalt für den Antragsteller die titulierte außergerichtliche Geschäftsgebühr bei. Bei einem solchen Sachverhalt ist der Anwalt ggf. verpflichtet, den Teil der Verfahrensgebühr, auf den die Geschäftsgebühr gem. § 58 Abs. 2 wegen VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen ist, an die Staatskasse zurückzuführen (vgl. § 59, ggf. analog). Das gilt natürlich nur, wenn die für den Mandanten titulierte und vom Gegner gezahlte Geschäftsgebühr vom Anwalt selbst vereinnahmt wird (vgl. dazu ausf. § 55 Rdn 70 ff.). Der Anwalt ist auch verpflichtet, von selbst und nicht erst auf Anfrage die Staatskasse zu benachrichtigen, dass Zahlungen auf die außergerichtliche Geschäftsgebühr eingegangen und von ihm als Zahlung auf seinen Vergütungsanspruch vereinnahmt worden sind (vgl. § 55 Abs. 5 S. 4; § 55 Rdn 70 ff.).

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