Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Feststellung des Anspruchs
Rz. 33
Übergangsansprüche gem. § 59 werden wie Gerichtskosten eingezogen. Das bedeutet, dass sie wie Gerichtskosten nach den Gerichtskostengesetzen (§ 19 GKG, § 18 FamGKG, § 18 GNotKG) erhoben werden (zu sozialgerichtlichen Verfahren gem. §§ 183 ff. SGG vgl. aber Rdn 42). Für die Geltendmachung gilt bis auf die unter Rdn 8 (Streitgenossen) aufgeführten Kosten das Justizbeitreibungsgesetz. Übergangsansprüche sind aber keine Gerichtskosten, sondern weiterhin außergerichtliche Kosten bzw. Anwaltskosten. Gesetzliche Regelungen, die allein Gerichtskosten betreffen, gelten daher nicht. Sobald eine Kostenentscheidung ergeht, ein Vergleich geschlossen oder das Verfahren sonst wie beendet wird, setzt der Kostenbeamte (§ 2 KostVfG) die Kosten nach dem jeweiligen Gerichtskostengesetz (GKG, FamGKG, GNotKG) an (z.B. § 19 GKG) und stellt die Kostenschuldner fest. In die Kostenrechnung nimmt er die Gerichtskosten und die nach § 59 übergegangenen Ansprüche auf; Nr. 7.1 DB-PKHG. Die übergegangenen Ansprüche sind in der Kostenrechnung gesondert aufzuführen. Übergangsansprüche i.S.v. § 59 sind dabei auch die an den eigenen, im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalt des Beteiligten gezahlten Vergütungen (§ 55). Nach § 59 Abs. 2 S. 2 werden sie nur bei dem Gericht des ersten Rechtszugs angesetzt. Bei Forderungsübergang auf die Bundeskasse erfolgt der Ansatz gem. § 59 Abs. 2 S. 3 beim BGH.
Rz. 34
Gem. Teil I A Nr. 2.4.1 VwV Vergütungsfestsetzung ist der für die Festsetzung der Vergütungen bestellter und beigeordneter Anwälte gem. § 55 zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle damit betraut, "in jedem Fall zu prüfen und nötigenfalls zu überwachen, ob die aus der Staatskasse gezahlte Vergütung vom erstattungspflichtigen Gegner oder von der Partei eingefordert werden kann". Zwecks Anspruchsverfolgung hat er dafür Sorge zu tragen, dass die Parteien ihre Kostenberechnungen einreichen, oder er hat den Ausgleichsanspruch der Staatskasse nach Aktenlage zu berechnen.
2. Geltendmachung des Erstattungsanspruchs gegen den Gegner
a) Überwachungsaufgaben
Rz. 35
Sowohl der für die Vergütungsfestsetzung gem. § 55 zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (§ 55 Abs. 1) als auch der für die Kostenfestsetzung gem. §§ 103 ff. ZPO zuständige Rechtspfleger haben zu ermitteln, ob der beigeordnete Anwalt gem. § 49 eine Vergütung aus der Staatskasse erhalten hat und inwieweit diese Vergütung durch Zahlungen der Partei nach § 120 ZPO gedeckt ist. Soweit eine Deckung fehlt, haben sie den Erstattungsanspruch des beigeordneten Anwalts gegen den Gegner festzustellen und zu berechnen, ob und gegebenenfalls um wie viel dieser Anspruch zuzüglich Vergütung aus der Staatskasse die Regelgebühren übersteigt.
Beispiel: Die Klägerin hat Prozesskostenhilfe mit Zahlungsanordnung und obsiegt überwiegend. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt sie 1/5 und der Beklagte 4/5. Die von der Klägerin aufgebrachten Raten sind i.H.v. 400 EUR auf die Anwaltskosten zu verrechnen. Der beigeordnete Anwalt hat die Vergütung nach der Tabelle des § 49 in Höhe von 720 EUR aus der Staatskasse erhalten. Die vollen Gebühren nach der Wahlanwaltsgebührentabelle (§ 13) belaufen sich auf brutto 1.100 EUR.
Aus der Staatskasse gem. § 49 gezahlt |
720 EUR |
Davon durch Zahlungen der Partei gedeckt |
400 EUR |
Anspruchsübergang nach § 59 (Differenz) |
320 EUR |
Wahlanwaltsvergütung des beigeordneten Anwalts |
1.100 EUR |
Davon hat der Gegner zu tragen (4/5) |
880 EUR |
Der Gegner kann aufrechnen/ausgleichen mit seinen Prozesskosten von 1.100 EUR zu 1/5 |
220 EUR |
Es verbleibt ein Beitreibungsrecht von (Differenz) |
660 EUR |
Aus der Staatskasse hat der Anwalt erhalten |
720 EUR |
Die Summe von Beitreibungsrecht und Zahlung aus der Staatskasse |
1.380 EUR |
übersteigt die Wahlanwaltsvergütung von |
1.100 EUR |
um die Differenz von |
280 EUR |
Dieser im Verhältnis zum Anwalt nachrangig durchsetzbare Betrag ist geringer als der Anspruchsübergang und kann daher voll geltend gemacht werden.
b) Feststellung des Übergangsanspruchs
Rz. 36
Die Feststellung eines auf die Staatskasse übergegangenen Anspruchs gegen den erstattungspflichtigen Gegner kann nur im Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff., 126 ZPO durch den Rechtspfleger erfolgen. Das ergibt sich auch ausdrücklich aus Teil I A Nr. 2.3.1 VwV Vergütungsfestsetzung. Der Rechtspfleger stellt dort fest, ob und inwieweit der Erstattungsanspruch gegen den Zahlungspflichtigen auf die Staatskasse übergegangen ist, und vermerkt den auf die Staatskasse übergegangenen Betrag im Kostenfestsetzungsbeschluss.
Der Kostenbeamte stellt den Betrag zum Soll (§ 25 KostVfG) zwecks Einziehung durch die Vollstreckungsbehörde. Das gilt auch, wenn dem Gegner seinerseits Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist (vgl. Rdn 51 ff.). Zahlt der Gegner auf die den Übergangsanspruch enthaltende Kostenrechnung des Gerichts nicht freiwillig, ist Letztere nach dem Justizbeitreibungsgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 JBeitrG) durch die zuständige Stelle (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 JBeitrG) oder das Bundesam...