1. Überblick
Rz. 20
Wird der Anwalt beigeordnet, ohne dass ein Auftrag des Mandanten zugrunde liegt, kann auf Abs. 1 S. 1 nicht zurückgegriffen werden. Insoweit gelten die Grundsätze des Abs. 1 S. 3 und S. 5 mit der Ausnahme in Abs. 1 S. 4.
2. Grundsatz (Abs. 1 S. 3)
Rz. 21
Stehen einem beigeordneten oder bestellten Anwalt Ansprüche gegen die Staatskasse zu, ohne dass ein vorheriger Auftrag des Mandanten zugrunde liegt, wird auf das Datum der Beiordnung oder der Bestellung abgestellt. Das gilt dann auch, wenn später nachträglich noch ein Auftrag des Mandanten erteilt wird (Abs. 1 S. 5).
Beispiel: Der Anwalt ist im Dezember 2020 als Pflichtverteidiger bestellt worden. Im Januar 2021 wird ihm der Wahlanwaltsauftrag erteilt.
Es gilt nicht Abs. 1 S. 1, sondern Abs. 1 S. 3. Maßgebend bleibt der frühere Zeitpunkt der Bestellung. Die spätere Auftragserteilung ist insoweit irrelevant (Abs. 1 S. 5).
Beispiel: Der Anwalt ist im Dezember 2020 als Notanwalt gem. § 78 ZPO beigeordnet. Im Januar erteilt ihm der Mandant den Prozessauftrag.
Auch hier gilt nicht Abs. 1 S. 1, sondern Abs. 1 S. 3. Maßgebend bleibt auch hier die frühere Beiordnung (Abs. 1 S. 5).
3. Ausnahme (Abs. 1 S. 4)
Rz. 22
Auf den Zeitpunkt der Bestellung oder der Beiordnung kommt es nicht an, soweit eine Beiordnung oder Bestellung auch zukünftige Angelegenheiten erfasst, in denen der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird. Insoweit ist dann auf den nachfolgenden Auftrag oder den Beginn der nachfolgenden Tätigkeit abzustellen.
Beispiel: Der Anwalt ist im Dezember 2020 als Pflichtverteidiger bestellt worden. Im März 2021 findet die Hauptverhandlung statt, in der der Mandant verurteilt wird. Im April 2021 wird Berufung eingelegt und diese im Mai 2021 begründet.
Zwar erstreckt sich die Beiordnung aus Dezember 2020 auch auf das Berufungsverfahren in 2021. Jetzt gilt aber nicht Abs. 1 S. 3, sondern Abs. 1 S. 4. Maßgebend ist der Zeitpunkt des Auftrags zur Berufungsbegründung bzw. mangels Auftrags der Zeitpunkt des Einreichens der Berufungsbegründung.
Beispiel: Im Dezember 2020 war der Anwalt beauftragt worden, eine einstweilige Anordnung auf Unterhalt einzureichen und hierfür die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Die einstweilige Anordnung ist noch im Dezember 2020 erlassen worden. Gleichzeitig ist Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Anwalt beigeordnet worden. Im Januar 2021 ist der Anwalt beauftragt worden, aus der einstweiligen Anordnung zu vollstrecken.
Für das einstweilige Anordnungsverfahren gilt nach Abs. 1 S. 1 noch das alte Recht, da der Auftrag vor dem 1.1.2021 erteilt worden ist.
Bei dem Vollstreckungsverfahren handelt es sich nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 aber um eine neue selbstständige Angelegenheit. Daher gelten hierfür bereits die neuen Gebührenbeträge. Zwar ist die Beiordnung für das Vollstreckungsverfahren schon im Dezember 2020 erfolgt. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass sich die Beiordnung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren gem. § 48 Abs. 2 S. 1 auch auf die Vollziehung bzw. Vollstreckung der einstweiligen Anordnung erstreckt und es keiner weiteren Beiordnung mehr bedarf. Hier ist aber in Abs. 1 S. 4 klargestellt, dass neues Recht anzuwenden ist, wenn die Beiordnung sich auf Angelegenheiten erstreckt, bei denen der Auftrag erst später erteilt wird. Im Vollstreckungsverfahren gelten daher bereits die neuen Gebührenbeträge.