a) Anzahl der Angelegenheiten hängt nicht von der Anzahl der Auftraggeber ab
Rz. 26
Für die Angelegenheit als zusammenfassende Bezeichnung und formelle Klammer der anwaltlichen Tätigkeit ist die Anzahl der in diesem Rahmen vertretenen Personen unerheblich.[37] Ein einheitlicher Auftrag kann nämlich auch dann vorliegen, wenn der Anwalt von mehreren Mandanten beauftragt wird, wobei ggf. durch Auslegung ermittelt werden muss, ob der Anwalt für die verschiedenen Auftraggeber gemeinsam oder für jeden von ihnen gesondert tätig werden soll.[38] Auch bei mehreren Auftraggebern liegt solange nur eine Angelegenheit vor, wie das Verfahren oder der Verfahrensabschnitt als dieselbe Angelegenheit definiert wird (vgl. § 16). Mehrere Angelegenheiten sind hingegen gegeben, wenn die Verfahren oder Verfahrensabschnitte, in denen die Vertretung erfolgt, als verschiedene Angelegenheiten definiert werden (vgl. § 17). Das gilt stets unabhängig von den Beteiligten; eine subjektive Abgrenzung findet nicht statt, auch wenn – wie im Mahnverfahren – für jeden Streitgenossen ein gesondertes Aktenzeichen vergeben wird.[39]
Rz. 27
Kommt es etwa infolge Prozesstrennung nach § 145 ZPO zu verschiedenen Verfahren vor demselben Gericht oder zur Vertretung vor verschiedenen Gerichten, gehen aus der ursprünglich einen Angelegenheit so viele hervor, wie selbstständige Verfahren begründet werden.[40]
Rz. 28
Mehrere Aufträge bzw. die Begehren mehrerer Auftraggeber betreffen regelmäßig auch dann dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielrichtung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der Tätigkeit gesprochen werden kann und insbesondere die innerlich zusammengehörenden Gegenstände von dem Rechtsanwalt einheitlich bearbeitet werden können.[41]
Rz. 29
Nach Personen unterscheiden sich jedoch die Rechtsbeziehungen des Anwalts zu seinen Mandanten. Ein Auftrag wird nicht nur durch die übertragene Geschäftstätigkeit, sondern auch durch den oder die Auftraggeber festgelegt. Ob hinsichtlich derselben Angelegenheit nur ein Auftrag vorliegt – womöglich mit mehreren Auftraggebern – oder ob verschiedene Aufträge vorliegen, beurteilt sich nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarungen. Für die Charakterisierung der anwaltlichen Tätigkeit als eine Angelegenheit ist das belanglos.
b) Parteiwechsel/aufeinander folgende Tätigkeit für verschiedene Auftraggeber
Rz. 30
Auch wenn der Anwalt getrennt und erst nach und nach beauftragt wird, mehrere Mandanten in einem Verfahren zu vertreten, bleibt dieses für ihn dieselbe Angelegenheit.[42] Deshalb liegt bei einem Parteiwechsel im Prozess gebührenrechtlich stets nur eine Angelegenheit vor, auch wenn der Anwalt die Vertretung des neuen Mandanten erst übernommen hat, nachdem der alte Mandant aus dem Verfahren bereits ausgeschieden war.[43]
Rz. 31
Wird der Anwalt nacheinander für verschiedene Auftraggeber in derselben Angelegenheit tätig, sind diese keine Streitgenossen im eigentlichen Sinne, sondern verschiedene Parteien. Ein solcher Parteiwechsel wird gebührenrechtlich ebenso behandelt wie die gemeinsame Vertretung von Streitgenossen.[44] Ob das auch zu gelten hat, wenn die Beteiligung des ersten Mandanten an dem Verfahren bereits vollständig, insbesondere auch kostenrechtlich abgewickelt ist, erscheint fraglich[45] und sachlich nicht gerechtfertigt.
Rz. 32
Bei einem Parteiwechsel wegen fehlender Passivlegitimation ist die Fortsetzung der Angelegenheit in der Regel wirtschaftlich unvernünftig, weil der Anwalt nur noch die 0,3-Erhöhung gemäß VV 1008 verdienen kann und sein erster Mandant einen vollen Erstattungsanspruch hat (Ausnahme: die Rechtsverteidigung hat sich mit dem erfolgreichen Streiten der Passivlegitimation erschöpft). Die Nichtanwendung des § 7 würde a...
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