Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 97
Die Verknüpfung der Kostenverteilung des Verfahrens mit der Verteilung von gemeinsamen Anwaltskosten beruht auf der Vorstellung, ein erstattungspflichtiger Gegner dürfe darauf vertrauen, bei einem jeden Streitgenossen einen verhältnismäßig gleichartigen Kostenumfang vorzufinden. Deshalb würde es ihn unbillig belasten, wenn Streitgenossen wählen könnten, wer welchen Haftungsanteil nach Abs. 2 seinem Erstattungsanspruch zugrunde legt.
Beispiel: Im vorstehenden Fall dürften A und B nach dieser Meinung im Interesse des G ihre Erstattungsquote von 76 % bzw. 22 % jeweils nur aus ihrer wertanteiligen Beteiligung von 1.049,58 EUR bzw. 1.574,37 EUR an den gesamten Anwaltskosten von 2.623,95 EUR (siehe Rdn 73) ziehen. G sei schutzwürdig, da bei der Abrechnung des Verfahrens auf erstattungsberechtigte Streitgenossen nicht mehr als ihr Wertanteil an den Anwaltskosten entfalle. Hiernach müssten sich A und B zusammen mit 1.144,04 EUR (76 % von 1.049,58 EUR zzgl. 22 % von 1.574,37 EUR) begnügen.
Rz. 98
Warum der erstattungspflichtige Gegner insoweit Vertrauensschutz soll genießen dürfen, wird nicht hinterfragt. Grundsätzlich kann keine Partei damit rechnen, dass sich die Kosten der Gegenseite in einem bestimmten Rahmen bewegen, soweit sie nicht konkret begrenzt sind. Sämtliche Anwaltskosten, die nach § 91 Abs. 2 ZPO zur Abrechnung gestellt werden können, gehören von vornherein zum Prozesskostenrisiko. Sie teilweise aus diesem Risiko herauszunehmen, nur weil eine aus mehreren Personen bestehende Gegenpartei sich einen gemeinsamen Anwalt genommen hat, würde dazu führen, dass die Vorteile der Mehrfachvertretung den Streitgenossen, die sie vereinbart haben entzogen und stattdessen dem Gegner zufließen würden. Das wäre ein Eingriff in die Privatautonomie, der einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfte, sich aber auf eine solche nicht stützen könnte. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben vermag dafür nicht herzuhalten (siehe VV 1008 Rdn 145).
Beispiel: Nach der Interessenlage der Streitgenossen ist im vorstehenden Fall so abzurechnen, dass A 76 % seines Haftungsanteils von 1.850,85 EUR und B 22 % von 773,15 EUR (restliche Anwaltskosten, die ihm als Streitgenosse mit dem geringeren Erstattungsanspruch zugeordnet werden: 2.623,95 EUR abzgl. Haftungsanteil des A i.H.v. 1.850,85 EUR) in die Ausgleichung einstellen können. Damit stehen ihnen extern zusammen 1.576,74 EUR (76 % von 1.850,85 EUR zzgl. 22 % von 773,15 EUR) zu und sind intern nur noch 1.047,21 EUR (2.623,95 EUR abzgl. 1.576,74 EUR) auszugleichen (Werte siehe Rdn 73).