Rz. 76

Sollte der anmeldende Streitgenosse seinen Haftungsanteil nach Abs. 2 dem Anwalt bereits gezahlt haben, so ist ihm – wie die Anmeldung zeigt – daran gelegen, diesen vom Gegner zu erhalten. Das ist sowohl in seinem als auch i.S.d. anderen Streitgenossen, weil diesen dann interne Ausgleichungsleistungen erspart bleiben. Nach einer Ansicht des BGH[98] soll er sich indes mit einer wertanteiligen Erstattung begnügen müssen; hinsichtlich des überschießenden Betrages würden seine Streitgenossen zu Hauptschuldnern, obwohl auch sie gewonnen haben, und erlangte der kostentragungspflichtige Gegner eine nachrangige bürgenähnliche Position.[99] Ist die Anwaltsvergütung noch nicht reguliert, so kommt es allen Streitgenossen zugute, wenn eine möglichst hohe Erstattungsforderung geltend gemacht wird, um die Verpflichtungen dem eigenen Anwalt gegenüber schnell und ohne Eigenbelastung (kostenneutral) zurückführen zu können. Nach der besprochenen Ansicht des BGH wären sie jedoch an einer solchen Abwicklung gehindert und könnte der Gegner stets verlangen, dass jeder Einzelne von ihnen lediglich seinen wertanteiligen Betrag geltend macht. Für dieses Diktat zu Lasten der privaten Gestaltungsfreiheit innerhalb des Gemeinschaftsverhältnisses der Streitgenossen gibt es jedoch keinen sachlichen Grund und insbesondere kein schutzwürdiges Interesse des Gegners, der schließlich deshalb voll haftet, weil er sich den Streitgenossen gegenüber eine Rechtsposition angemaßt hat, die ihm nicht zusteht. Schutzbedürftig bei der Kostenregulierung sind allein die Streitgenossen, weshalb es richtig ist, wenn der Einzelne den erstattungspflichtigen Gegner ohne weiteres auf seinen Haftungsanteil nach Abs. 2 in Anspruch nehmen darf.

 

Beispiel: Im Ausgangsfall (siehe Rdn 73) hat B dem Anwalt das Mandat entzogen, weil er sich in der mündlichen Verhandlung schlecht vertreten fühlte. Er kümmert sich nicht mehr um die Angelegenheit. Der Anwalt rechnet mit A 1.850,45 EUR (nach Abs. 2) ab und dieser verlangt den Betrag erstattet.

Die Kosten sind antragsgemäß festzusetzen, weil es nach den Umständen im beiderseitigen Interesse von A und B liegt, dass der kostenpflichtige Gegner den vom Anwalt geltend gemachten Anspruch bedient. Darauf ist das Innenverhältnis auch ohne ausdrückliche Regelung ausgerichtet. Nach BGH (siehe Rdn 74) hätte der Gegner dem A allerdings nur 1.049,58 EUR zu erstatten, es sei denn, A könnte darlegen und glaubhaft machen (§ 104 Abs. 2 S. 1 ZPO), dass von B nichts zu holen ist.

[99] Was dem Streitgenossen zur Durchsetzung seines Erstattungsanspruchs gegen die eigene Seite zugemutet werden soll, lässt der BGH offen. Verweigern die anderen Streitgenossen eine wertanteilige Ausgleichung mit der Begründung, dass auch sie gewonnen hätten und der Gegner erstattungspflichtig sei, muss er nach Auffassung des BGH womöglich einen Rechtsstreit gegen sie führen. Dann wäre der an sich erstattungspflichtige Gegner nur noch "Ausfallbürge".

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