Rz. 84
Mit der Beendigung des Rechtszugs ist der prozessuale Rechtszug gemeint, nicht der gebührenrechtliche. Die Beendigung des Gebührenrechtszugs, nämlich der Angelegenheit, ist bereits in Abs. 1 S. 1, 2. Var. geregelt.
Rz. 85
Der Rechtszug endet mit einer gerichtlichen Entscheidung, mit einem Vergleich, einer Einigung, der Rücknahme der Klage, des Rechtsmittels oder der Anklage oder eines sonstigen Antrags.
Rz. 86
Die gerichtliche Entscheidung muss die Instanz abschließen. Zwischenentscheidungen führen daher noch nicht zur Fälligkeit, wie etwa ein Zwischenurteil nach § 303 ZPO.
Rz. 87
Ein Grundurteil dürfte dagegen ausreichen, da es zum Grund die Instanz beendet.
Rz. 88
Vorbehaltsurteile lösen ebenfalls keine Fälligkeit nach Abs. 1 S. 2, 2. Var. aus, da auch sie die Instanz nicht abschließen. Ein Vorbehaltsurteil nach § 599 ZPO beendet allerdings die Angelegenheit (§ 17 Nr. 5), so dass die Fälligkeit hier nach Abs. 1 S. 1, 2. Var. eintritt. Möglich ist auch, dass ein Vorbehaltsurteil eine Kostenentscheidung enthält und damit die Fälligkeit herbeiführt.
Rz. 89
Eine gerichtliche Entscheidung beendet bereits mit ihrer Verkündung den Rechtszug, nicht erst mit ihrer Zustellung, es sei denn, die Zustellung tritt an die Stelle der Verkündung. Ergeht die gerichtliche Entscheidung im schriftlichen Verfahren, dann endet der Rechtszug erst mit Zugang der Entscheidung.
Rz. 90
Auch kommen Teilfälligkeiten in Betracht, nämlich dann, wenn Teilentscheidungen ergehen, die im Umfang ihrer Entscheidung den Rechtszug beenden.
Beispiel 1: Über eine Klage in Höhe von 20.000 EUR erlässt das Gericht ein Teilurteil über 15.000 EUR.
Die Vergütung nach dem Gegenstandswert von 15.000 EUR wird mit Erlass des Teilurteils fällig.
Beispiel 2: Der Kläger nimmt seine ursprüngliche Klage über 10.000 EUR in Höhe von 4.000 EUR zurück.
Die Vergütung nach dem Gegenstandswert von 4.000 EUR wird mit Klagerücknahme fällig.
Rz. 91
Ein Hauptanwendungsfall des Teilurteils ist bei Stufenklagen gegeben, wenn über die Auskunftsstufe oder den Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung entschieden wird. Hinsichtlich dieser Stufen ergeht eine die Instanz abschließende Entscheidung, so dass die Gebühren aus dem gegebenenfalls nach § 33 RVG gesondert festzusetzenden Wert fällig werden.
Rz. 92
Zum Anwendungsfall einer Teilfälligkeit nach Abs. 1 S. 2, 2. Var. zählt auch die Vorwegentscheidung im Verbundverfahren.
Beispiel: Das FamG entscheidet im Scheidungsverbundverfahren gemäß § 140 FamFG (früher § 627 ZPO a.F.) vorweg über das Sorgerecht.
Die Vergütung nach dem Wert des Sorgerechtsverfahrens wird mit Erlass der Vorwegentscheidung fällig, da insoweit der Rechtszug beendet ist.
Rz. 93
Bei Vorabentscheidungen nach § 140 FamFG (früher § 628 ZPO a.F.) wird die Fälligkeit in aller Regel bereits nach Abs. 1 S. 2, 1. Var. eintreten, da diese nach § 150 FamFG (früher § 93a ZPO a.F.) eine Kostenentscheidung enthalten sollen (siehe Rdn 70). Daneben tritt aber auf jeden Fall die Fälligkeit nach Abs. 1 S. 2, 2. Var. ein, da die Vorabentscheidung den Rechtszug der Ehesache und eventuell mitentschiedener Folgesachen beendet.
Rz. 94
Dass der Anwalt nach Beendigung des Rechtszuges noch mit nachfolgenden Abwicklungstätigkeiten befasst ist, ist insoweit unerheblich. Insbesondere steht daher das noch anstehende Kostenfestsetzungsverfahren der Fälligkeit nicht entgegen (siehe Rdn 57).
Rz. 95
Entscheidet das Gericht zunächst nur über die Hauptsache und behält es die Entscheidung über die Kosten der Schlussentscheidung vor, tritt die Fälligkeit der Gebühren aus dem Wert der Hauptsache ein. Soweit aus dem Wert der Kosten weitere Gebühren anfallen, werden diese erst mit der Schlussentscheidung über die Kosten fällig (ausführlich siehe Rdn 79 ff.). Gleiches gilt bei Klage- oder Rechtsmittelrücknahme; auf die Kostenentscheidung kommt es hier nicht mehr an; lediglich eventuelle Gebühren aus dem Kostenwert werden erst mit der Kostenentscheidung fällig. Im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärung tritt die Fälligkeit insgesamt erst mit der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ein (ausführlich siehe Rdn 51).