Rz. 53
Wenn der Anwalt auftragsgemäß lediglich einen ihm vorgelegten Vertrag bzw. Vertragsentwurf prüft, wird dies regelmäßig nur eine Beratung und keine Tätigkeit nach VV 2300 darstellen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich der Auftrag darauf beschränkt, lediglich über die rechtlichen Folgen des Vertragsschlusses zu informieren und ggf. zu prüfen, ob der Vertrag in der vorliegenden Form geschlossen werden kann, ohne dass hierbei jedoch im Bedarfsfall Änderungen oder Korrekturen am Inhalt des Vertrages vorgenommen werden sollen. In diesem Fall fehlt es an dem Auftrag zur Mitwirkung bei der Gestaltung, da der Anwalt keinen aktiven Einfluss auf den konkreten Inhalt nehmen soll. Gestalten bedeutet, aktiv einer Sache eine bestimmte Form, ein bestimmtes Aussehen zu geben.
Rz. 54
Zwar hat der 12. Senat des BGH in einer Betreuungssache anlässlich eines Streits um den Gegenstandswert ohne weitere Ausführungen festgestellt, dass die Überprüfung eines Vertrages auch als Mitwirkung bei der Gestaltung von Verträgen zählt. Der Anwalt hatte allerdings zuvor umfassend zu den Vertragsentwürfen Stellung genommen und zahlreiche Änderungen angemahnt. Auch das OLG Bremen hat daran anschließend im Rahmen einer Verfahrenspflegschaft festgestellt, dass es sich bei der Prüfung eines Grundstückkaufvertrages und Erteilung der Zustimmung um eine Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags handelt, so dass eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 und nicht nur eine Beratungsgebühr gem. § 34 entstehe. Hierzu wird ausgeführt, dass sich die Vergütung gem. VV 2300 unter dem Gesichtspunkt einer Mitwirkung am Zustandekommen des Kaufvertrages rechtfertige. Dabei wird verkannt, dass die Mitwirkung am Abschluss eines Vertrages zwar ein Tatbestandsmerkmal der Einigungsgebühr nach VV 1000 ist, Vorb. 2.3 Abs. 2 hingegen die Mitwirkung bei der Gestaltung und nicht nur am Abschluss des Vertrages voraussetzt.
Rz. 55
Das Entwerfen eines Vertrages löst dagegen unstreitig die Geschäftsgebühr aus. Es reicht bereits der Auftrag, einen Vertragsentwurf zu prüfen, sofern damit der Auftrag verbunden ist, gegebenenfalls Änderungen vorzuschlagen. In den meisten Fällen dürfte daher der Anwendungsbereich der Geschäftsgebühr eröffnet sein, da der Mandant bei für ihn ungünstigen Vertragsbestimmungen in der Regel auch über Alternativen beraten werden will. Um allerdings Zweifel und Streitigkeiten mit dem Mandanten zu vermeiden, insbesondere wenn aufgrund der meist hohen Gegenstandswerte bei nur geringfügigen Änderungen eine hohe Vergütung anfällt, ist dringend anzuraten, mit dem Mandanten den konkreten Auftragsumfang genau zu klären und ggf. eine Vergütungsvereinbarung zu schließen. Überdies sollte der Hinweis auf die Abrechnung nach dem Gegenstandswert nach § 49b Abs. 5 BRAO nicht fehlen.