1. Bedeutung der Erstattungsfähigkeit
Rz. 103
Die außergerichtlich entstandenen Gebühren können nicht vom Gericht gegen den Gegner im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 103 ZPO festgesetzt werden, und zwar weder als Kosten des Mahnverfahrens im Sinne des § 699 Abs. 3 ZPO noch als Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO. Denn sie stehen nicht in einem unabdingbaren, unmittelbaren Zusammenhang mit der Prozessführung.
Rz. 104
Die Geschäftsgebühr wird zur Hälfte, höchstens mit einem Satz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr eines nachfolgenden Rechtsstreits angerechnet (siehe VV Vorb. 3 Abs. 4). Seit Einführung des RVG war es fast einhellige Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass nach Anrechnung auf die Verfahrensgebühr damit ein Teil der Geschäftsgebühr verbleibt, der nicht im Verfahren nach § 103 ZPO festgesetzt werden kann. Da der Auftraggeber in der Regel erwarte, im Falle des Obsiegens sämtliche Gebühren vom Gegner erstattet zu bekommen, müsse der Teil der Geschäftsgebühr, der nicht in späteren Gebühren aufgehe (aber auch nur dieser Teil!), gesondert geltend gemacht werden. Als Nebenforderung im Hauptsacheverfahren könne dieser Gebührenanteil kostenneutral (§ 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO) mit eingeklagt bzw. im Mahnantrag mit geltend gemacht werden. Habe der Mandant allerdings die Vergütung noch nicht bezahlt, könne er gegen den Gegner nur einen Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber seinem Anwalt geltend machen.
Rz. 105
Der 8. Zivilsenat des BGH hatte dieser Vorgehensweise zunächst eine Absage erteilt. Nach dem Gesetzeswortlaut in VV Vorb. 3 Abs. 4 sei die gerichtliche Verfahrensgebühr zu mindern und nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr. Dieser klare Wortlaut dürfe auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie vor dem Hintergrund ignoriert werden, dass die Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht berücksichtigt werden könne.
Rz. 106
Sowohl hinsichtlich der gebührenrechtlichen Ausführungen als auch hinsichtlich der praktischen Auswirkungen auf die Durchführung des Kostenfestsetzungsverfahrens waren die Entscheidungen des BGH auf vehemente Kritik gestoßen. Es blieb allerdings – da sich die übrigen Senate des BGH ohne eine nähere Auseinandersetzung mit diesen Argumenten der Ansicht des 8. Senats angeschlossen hatten – dem Gesetzgeber überlassen, die Auswirkungen dieser Rspr. mit § 15a wieder zu beseitigen (zu den Einzelheiten vgl. die Kommentierung zu § 15a).
Rz. 107
Mit der Einführung des § 15a ist die Rechtslage inzwischen eindeutig geklärt. Hinsichtlich der Erstattung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr gilt demnach Folgendes: Will der Mandant diesen Teil der anwaltlichen Vergütung vom Gegner erstattet erhalten, kann er die (volle) Geschäftsgebühr als materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch im Hauptsacheverfahren einklagen oder im Mahnverfahren geltend machen, was in Gestalt einer Nebenforderung kostenneutral möglich ist (zu den möglichen Anspruchsgrundlagen vgl. Rdn 110 ff.). Erfolgt dies nicht, sondern eine Geltendmachung durch eigene Klage, so droht der Einwand des Schädigers, gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen zu haben. Hat der Mandant die Vergütung noch nicht bezahlt, besteht nur ein Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber seinem Anwalt, sofern der Gegner nicht ernsthaft und endgültig den Ersatz verweigert hat. Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um. Scheidet die Geltendmachung als Nebenforderung aus, müssen die betreffenden Gebühren selbstständig eingeklagt werden. Die Geltendmachung der vorprozessual entstandenen Anwaltsgebühren im Kostenfestsetzungsverfahren kommt allenfalls dann ausnahmsweise in Betracht, wenn sie Gegenstand eines gerichtlichen Vergleichs sind und die zu erstattenden Gebühren entweder beziffert sind oder ihre Höhe sich eindeutig anhand des Vergleichs bestimmen lässt.
Rz. 108
Wird die Geschäftsgebühr nicht zugesprochen, scheidet eine Erstattung durch den Gegner naturgemäß aus und der Mandant muss diesen Teil der Vergütung selbst an seinen Anwalt zahlen. In diesem Fall kann sich der Gegner dann im Rahmen der Kostenfestsetzung aber nach § 15a Abs. 3 (Abs. 2 a.F.) auch nicht auf eine Anrechnung berufen, sondern muss im Fall einer entsprechenden Kostentragungspflicht die Verfahrensgebühr in voller Höhe erstatten. Wird die Geschäftsgebühr dagegen tituliert, so ist im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren die Regelung des § 15a Abs. 3 (Abs. 2 a.F.) zu beachten: Meldet der Anwalt die volle 1,3-Verfahrensgebühr (VV 3100) zur Festsetzung an und beruft sich der Gegner auf die bereits erfolgte Titulierung der außergerichtlichen Kosten, wird die Geschäftsgebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 4 angerechnet und die Verfahrensgebühr nur in entsprechend reduziertem Umfang festgesetzt. Die Rechtskraft des Titels ist dafür nicht erforderlich.
Rz. 109
Gegen den eigenen Mandanten kann der Anwalt die Geschäftsgebühr im Verfahren nach § 11 Abs. 8...