Rz. 242
Abs. 4 S. 5 trifft darüber hinaus eine Regelung für den Gegenstandswert, der bei der Anrechnung zugrunde zu legen ist. Die Anrechnung erfolgt nach dem Wert des Gegenstands, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist. Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden:
▪ |
Der Wert des Gegenstands, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist, und der Wert des Gegenstands der außergerichtlichen Vertretung sind identisch. |
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Der Wert des Gegenstands, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist, weicht vom Wert des Gegenstands der außergerichtlichen Tätigkeit ab. |
a) Identischer Gegenstandswert
Rz. 243
Hier gelten keine Besonderheiten; es kann auf die Beispiele oben (vgl. Rdn 238 ff.) verwiesen werden.
b) Gerichtlicher Gegenstandswert geringer
Rz. 244
Anders liegt es in Fällen, in denen außergerichtlich ein anderer Streitwert zugrunde zu legen ist als für das gerichtlich anhängige Verfahren – beispielsweise, weil eine Forderung in anderer Höhe geltend gemacht wurde. Hier kann der Gegenstandswert für die gerichtliche Tätigkeit geringer sein als für die außergerichtliche Tätigkeit.
Beispiel: Der Rechtsanwalt wird mit der außergerichtlichen Geltendmachung einer Forderung i.H.v. 8.000 EUR beauftragt. Auf die Aufforderungen des Anwalts hin zahlt die Gegenseite 5.000 EUR. Nunmehr beauftragt der Mandant den Anwalt, den Restbetrag von 3.000 EUR einzuklagen.
Der Rechtsanwalt erhält für die außergerichtliche Tätigkeit:
Gegenstandswert: 8.000 EUR
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300 |
|
652,60 EUR |
2. |
Auslagenpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
672,60 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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127,79 EUR |
Gesamt |
|
800,39 EUR |
Die Angelegenheit ist lediglich mit einem Gegenstandswert i.H.v. 3.000 EUR in das gerichtliche Verfahren übergegangen. Von diesem Gegenstandswert ist nunmehr bei der Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auszugehen. Für die Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren erhält der Rechtsanwalt somit:
Gegenstandswert: 3.000 EUR
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
|
288,60 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
|
266,40 EUR |
3. |
./. 0,65 Geschäftsgebühr aus 3.000 EUR |
|
– 144,30 EUR |
4. |
Auslagenpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
430,70 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
81,83 EUR |
Gesamt |
|
512,53 EUR |
c) Gerichtlicher Gegenstandswert höher
Rz. 245
Andererseits kann es auch vorkommen, dass vorprozessual ein geringerer Gegenstandswert zugrunde zu legen ist als für das spätere Klageverfahren.
Beispiel: Ein Händler macht gegen einen Kunden Forderungen aus Warenlieferungen geltend. Zunächst macht er lediglich einen Teil der Ansprüche geltend, um die Möglichkeiten für eine Einigung auszuloten. Er fordert den Kunden zur Zahlung von 2.300 EUR auf. Dieser beauftragt seinen Rechtsanwalt mit der Abwehr der Forderungen. Der Händler erhebt nunmehr Klage über 4.800 EUR. Der Kunde beauftragt seinen Anwalt mit der Abwehr der Klage.
Hier erfolgt die Anrechnung auf Grundlage des vollen Gegenstandswerts für die außergerichtliche Tätigkeit, weil der vorprozessual geltend gemachte Anspruch voll in dem im Klageweg geltend gemachten enthalten ist.
Der Rechtsanwalt erhält für die außergerichtliche Tätigkeit:
Gegenstandswert: 2.300 EUR
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300 |
|
288,60 EUR |
2. |
Auslagenpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
308,60 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
58,63 EUR |
Gesamt |
|
367,23 EUR |
Für die gerichtliche Tätigkeit erhält der Anwalt:
Gegenstandswert: 4.800 EUR
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
|
434,20 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
|
400,80 EUR |
3. |
./. 0,65 Geschäftsgebühr aus 2.300 EUR |
|
– 144,30 EUR |
4. |
Auslagenpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
710,70 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
135,03 EUR |
Gesamt |
|
845,73 EUR |