a) Trennung gemäß § 145 ZPO
Rz. 67
Nach § 145 Abs. 1 ZPO kann das Gericht anordnen, dass mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden. Gemäß § 145 Abs. 2 ZPO gilt das Gleiche, wenn von dem Beklagten eine Widerklage erhoben worden ist, die nicht in einem rechtlichen Zusammenhang mit der erhobenen Klage steht. Kommt es zu einer derartigen Trennung der Prozesse, so sind ab dem Zeitpunkt der Trennung mehrere selbstständige Angelegenheiten i.S.d. § 15 gegeben. Der beteiligte Rechtsanwalt kann wählen, ob er einheitlich die Gebühren nach dem Gesamtstreitwert oder gesondert aus den getrennten Verfahren mit den jeweiligen Einzelstreitwerten geltend macht. Dies gilt allerdings nur hinsichtlich der Gebühren, die sowohl vor als auch nach der Trennung ausgelöst worden sind. Im Regelfall wird diese Art der Gebührenabrechnung für den Rechtsanwalt günstiger sein als die Abrechnung nach dem Gesamtgegenstandswert.
Beispiel: Es wurde eine Klage auf Zahlung von insgesamt 30.000 EUR erhoben. Das Gericht verhandelt in einem Termin über die Klage, die Anträge werden gestellt. Das Gericht trennt die Prozesse sodann in ein Verfahren mit einem Streitwert von 10.000 EUR und in ein weiteres Verfahren über 20.000 EUR auf, in denen es jeweils einen weiteren Termin gibt. Die Rechtsanwälte können jeweils folgende Gebühren geltend machen:
I. Einzelabrechnung
Streitwert: 20.000 EUR
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
1.068,60 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
986,40 EUR |
Streitwert: 10.000 EUR
3. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
798,20 EUR |
4. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
736,80 EUR |
Summe aus 1.–4. |
3.590,00 EUR |
II. Vergleichsberechnung bei Gesamtberechnung
Streitwert: 30.000 EUR
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
1.241,50 EUR |
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
1.146,00 EUR |
Summe aus 1.–2. |
2.387,50 EUR |
Der Vorteil für den Rechtsanwalt beträgt bei der o.g. Einzelabrechnung (3.590,00 EUR – 2.387,50 EUR =) 1.202,50 EUR.
Rz. 68
Voraussetzung für das Wahlrecht ist in jedem Fall, dass die betreffenden Gebühren sowohl in dem verbundenen als auch in dem getrennten Verfahren angefallen sind. Sofern eine Gebühr nur in dem verbundenen Verfahren angefallen ist oder eine Gebühr nur in dem getrennten Verfahren anfällt, besteht kein Wahlrecht. Sind in dem getrennten Verfahren noch nicht alle Gebühren entstanden, so können nach der Trennung in dem durch die Trennung neu entstandenen Prozess sämtliche Gebühren von neuem entstehen.
Beispiel: Eine gemeinsame Klage (Az. 1/21) über 6.000 EUR Kaufpreis und 4.000 EUR Miete wird nach mündlicher Verhandlung in zwei Verfahren getrennt. Das Verfahren über die Miete wird mit dem Az. 2/21 geführt. In diesem Verfahren wird die Klage später zurückgenommen, ohne dass ein erneuter Termin stattgefunden hat.
Die Verfahrensgebühr ist in beiden Verfahren entstanden, insoweit besteht wiederum ein Wahlrecht. Die getrennte Abrechnung ist günstiger. Die Terminsgebühr ist dagegen nur im Verfahren 1/21 entstanden und kann nur dort berechnet werden, und zwar aus dem Gesamtwert (§ 22 Abs. 1).
I. Verfahren 1/21
Wert: 6.000 EUR
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
|
507,00 EUR |
Wert: 10.000 EUR
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
|
736,80 EUR |
3. |
Auslagenpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.263,80 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
240,12 EUR |
Gesamt |
|
1.503,92 EUR |
II. Verfahren 2/21
Wert: 4.000 EUR
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
|
361,40 EUR |
2. |
Auslagenpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
381,40 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
72,47 EUR |
Gesamt |
|
453,87 EUR |
b) Trennung durch gesonderte Durchführung der streitigen Verfahren
Rz. 69
Richtet sich ein Mahnbescheid gegen verschiedene Antragsgegner, ist es durchaus denkbar, dass der eine Antragsgegner gegen den Mahnbescheid Widerspruch einlegt, während gegen den anderen Antragsgegner ein Vollstreckungsbescheid ergeht, der dann mangels Einspruch in Rechtskraft erwächst. Gegen den Antragsgegner, der Widerspruch eingelegt hat, muss das streitige Verfahren durchgeführt werden, soweit die Vollstreckung gegen den anderen Antragsgegner nicht zuvor zu einer Befriedigung des Antragstellers geführt hat. Die gleiche Konstellation ist denkbar, wenn sich der Antragsteller nach Widerspruch beider Antragsgegner dazu entschließt, zunächst nur gegen den einen Antragsgegner das streitige Verfahren durchzuführen. In derartigen Fällen kann der Rechtsanwalt des Antragstellers seine Gebühren für jedes Verfahren gesondert geltend machen; sie sind auch erstattungsfähig, soweit ihm nicht ein unzweckmäßiges Verfahren vorgeworfen werden kann. Wird aber bei einer so herbeigeführten Trennung d...