aa) Allgemeines
Rz. 121
Ein Beweisaufnahmetermin liegt vor:
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bei einer Beweisaufnahme durch das Prozessgericht gemäß § 355 ZPO |
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bei einer Beweisaufnahme vor dem beauftragten Richter gemäß § 361 ZPO |
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bei einer Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter gemäß § 362 ZPO |
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bei einer Beweisaufnahme durch das gemäß § 365 ZPO hierum ersuchte Gericht. |
Rz. 122
Grundsätzlich soll die Beweiserhebung vom Gericht durch Beweisbeschluss angeordnet werden. Dabei kommt es bei der Bewertung, ob eine Beweisanordnung vorliegt, nicht auf die vom Gericht gewählte Bezeichnung an; maßgeblich ist der objektive Inhalt der getroffenen Anordnung. So kann auch eine bloße Verfügung des Gerichts inhaltlich einem Beweisbeschluss gleichstehen, wenn sie unter Nennung des Beweisthemas eine Zeugenladung beinhaltet. Selbst wenn der Beweisbeschluss völlig fehlt, kann die Terminsgebühr entstehen, wenn objektiv tatsächlich Beweis erhoben wurde.
Rz. 123
Hat das Gericht den förmlichen Beweisbeschluss vergessen und vernimmt dennoch die Parteien zu streitigen Fragen, so ist eine Terminsgebühr entstanden. Ein Beginn der Beweisaufnahme kann möglicherweise auch darin zu sehen sein, dass das Gericht den gemäß § 273 Abs. 2 ZPO geladenen Zeugen im Termin über seine Rechte und Pflichten belehrt und der Zeuge bekundet, dass er keine Angaben machen wolle.
Rz. 124
Nicht erforderlich für die Annahme eines Beweisaufnahmetermins ist es, dass die Beweisaufnahme auch tatsächlich durchgeführt wird. Ausreichend ist es nach dem Wortlaut, dass der Rechtsanwalt in einem Termin erscheint, in dem eine Beweisaufnahme durchgeführt werden soll und er zur Vertretung der Interessen seines Mandanten bereit ist.
bb) Beginn und Ende des Beweisaufnahmetermins
Rz. 125
Die Beweisaufnahme beginnt mit Eröffnung des Termins, in dem die Beweisaufnahme durchgeführt werden soll. Sie endet mit Durchführung der Beweiserhebung, also beispielsweise mit Beendigung der Inaugenscheinnahme bzw. Entlassung der Zeugen oder Sachverständigen. Es reicht nicht aus, dass der Beweisbeschluss lediglich erlassen wird, da damit noch kein Termin stattgefunden hat. In der täglichen Praxis hat dies für den Rechtsanwalt erhebliche Konsequenzen: Wird der Beweisbeschluss vor einer Durchführung der Beweisaufnahme wieder aufgehoben oder die Klage zurückgenommen, ist allein durch den vorangegangenen Erlass eines Beweisbeschlusses eine Terminsgebühr nicht angefallen. Gleiches gilt bei einer Beweisaufnahme vor der mündlichen Verhandlung gemäß § 358a ZPO. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht in den dort genannten Fällen eine Beweisaufnahme schon vor der mündlichen Verhandlung ausführen lassen, soweit angeordnet wird:
1. |
eine Beweisaufnahme vor dem beauftragten oder ersuchten Richter |
2. |
die Einholung amtlicher Auskünfte |
3. |
eine schriftliche Beantwortung einer Beweisfrage nach § 377 Abs. 3 ZPO |
4. |
die Begutachtung durch Sachverständige |
5. |
die Einnahme eines Augenscheins. |
Bei einer Durchführung der Beweisaufnahme gemäß Ziff. 2, 3 oder 4 entsteht für den Rechtsanwalt im Regelfall keine Terminsgebühr, da es regelmäßig im Rahmen dieser Beweisaufnahmearten nicht zu einem Termin kommt. Der Rechtsanwalt wird also darauf achten müssen, ob er etwa im Falle einer Klagerücknahme die Terminsgebühr auf andere Weise verdient hat, etwa durch Besprechungen mit der Gegenseite ohne Beteiligung des Gerichts.
cc) Arten der Beweisaufnahme
Rz. 126
Die Vernehmung von Zeugen ist stets eine Beweisaufnahme. Sie beginnt nach § 395 Abs. 2 ZPO zwar grundsätzlich erst mit der Vernehmung zur Person. Dabei ist aber zu beachten, dass nach der Regelung in Abs. 3 allein das Erscheinen des Prozessbevollmächtigten mit den Zeugen im Beweistermin eine Terminsgebühr begründet, da damit die Partei in einem gerichtlichen Termin vertreten wird. Insofern stimmt der zivilprozessuale Beginn der Beweisaufnahme nicht mit dem für die Gebührenentstehung maßgeblichen Zeitpunkt überein.
Rz. 127
Mit einer Augenscheinseinnahme kann der Zweck verfolgt werden, unstreitige Tatsachen besser zu veranschaulichen, oder sie kann zum Beweis erfolgen. Dabei kann nicht darauf abgestellt werden, ob ein Beweisbeschluss vorausgegangen ist, sondern ob das Vorgehen des Gerichts sich bei objektiver Beurteilung als Beweisaufnahme darstellt.
Rz. 128
Der Sachverständigenbeweis ist dem Zeugenbeweis sehr ähnlich. Dies gilt für den vom Gericht aufgrund Beweisantritts (§ 403 ZPO) oder von Amts wegen (§ 144 ZPO) hinzugezogenen Sachverständigen. Die Einführung von Privatgutachten in den Rechtsstreit begründet kein Beweisaufnahmeverfahren. Es handelt sich für den Prozessbevollmächtigten lediglich um die Vorlage von in den Händen seiner Part...