Rz. 155
Die Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts kann über anhängige Ansprüche, aber auch über solche geführt werden, die (noch) nicht den Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens bilden. Die Schnittstelle, bis zu der für ein mit dem Gegner geführtes Gespräch die Geschäftsgebühr nach VV 2300 anfällt bzw. ab der eine Terminsgebühr i.H.v. 1,2 nach Abs. 3 entsteht, wird im Gesetz nunmehr in Abs. 1 S. 1 ausdrücklich geregelt und entspricht der bisher überwiegenden Meinung. Der Anwalt muss einen unbedingten Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter haben, damit eine Besprechung die Terminsgebühr nach VV 3104 auslösen kann.
Rz. 156
Ob darüber hinaus noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen, war umstritten:
Nach einer Meinung setzte die Entstehung einer Terminsgebühr voraus, dass über die fraglichen Ansprüche bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig gemacht wurde. Die zutreffende Gegenansicht lehnte diese zusätzliche Voraussetzung ab. Dass es keines anhängigen Verfahrens bedarf, ergebe sich schon aus dem Wortlaut von Absatz 3. Danach entstehe die Terminsgebühr, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung oder Vermeidung des Verfahrens gerichteten Besprechungen teilnimmt. Aus dieser Wortwahl wird deutlich, dass ein Klageverfahren über den Gegenstand der Besprechung noch nicht zwingend anhängig sein muss: Ein anhängiges Verfahren kann man erledigen, ein noch nicht anhängiges Verfahren kann man vermeiden. Diese zweite Meinung wurde nun auch vom Gesetzgeber im 2. KostRMoG bestätigt. Denn da nunmehr in Abs. 1 ausdrücklich nur ein unbedingter Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter gefordert wird, kann daraus der Wille des Gesetzgebers abgeleitet werden, dass die entsprechenden Ansprüche nicht gerichtlich anhängig sein müssen.
Rz. 157
Da also die außergerichtliche Besprechung über nicht rechtshängige Ansprüche ebenfalls die Terminsgebühr auslösen kann, ist die Grenze zwischen Geschäftsgebühr einerseits und Verfahrens- bzw. Terminsgebühr andererseits nach dem Inhalt des dem Anwalt erteilten Auftrags zu ziehen: Hat er hinsichtlich der Ansprüche, die Gegenstand der Besprechung sind, einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung, erhält er die Gebühr aus VV 2300, wobei die Durchführung der Besprechung bei der Bestimmung der Gebühr aus dem Rahmen von 0,5 bis 2,5 berücksichtigt werden kann, aber keine gesonderte Terminsgebühr auslöst. Hat der Anwalt hinsichtlich des Gegenstands der Besprechung bereits einen unbedingten Verfahrensauftrag, erhält er – neben der Verfahrensgebühr – die Terminsgebühr aus VV 3104.
Rz. 158
Der Rechtsanwalt des Klägers erhält also für die nach Klageauftrag geführten Gespräche z.B. mit dem Prozessgegner eine Terminsgebühr i.H.v. 1,2. Dies gilt auch dann, wenn die Klage noch nicht eingereicht oder zugestellt worden ist. Führt er die Gespräche vor Erhalt des Klageauftrags, fällt nur eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 an, sofern der Rechtsanwalt für die außergerichtliche Tätigkeit ein Mandat hatte.
Rz. 159
Der Rechtsanwalt des Beklagten erhält für ein vor Zustellung der Klage geführtes Gespräch nur dann eine Terminsgebühr, wenn er schon einen Auftrag zur Vertretung im künftigen Klageverfahren hat. Bei einem nur außergerichtlichen Mandat erhält er lediglich die Geschäftsgebühr nach VV 2300. Ein Verfahrensauftrag des Beklagtenanwalts wird im Stadium vor Klageeinreichung allerdings den Ausnahmefall darstellen, weil zu dieser Zeit für den Beklagten im Regelfall nicht erkennbar ist, dass er vom Kläger mit einem gerichtlichen Verfahren überzogen werden wird. Soweit der BGH früher offen gelassen hat, ob der Anwalt des (künftigen) Beklagten tatsächlich schon ein auf Klageabwehr gerichtetes Prozessmandat haben muss, um für außergerichtliche Besprechungen eine Terminsgebühr zu verdienen, hat sich diese Frage durch die Neufassung von Abs. 1 erledigt, wonach ausdrücklich ein unbedingter Auftrag als Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigter gefordert wird.