I. Regelungsgehalt
Rz. 118
Nach der VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1b sind für die anwaltliche Tätigkeit in Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 20 KapMuG (§ 15 KapMuG a.F.) die Gebührenvorschriften VV 3206 bis 3213 anzuwenden. Dieses Rechtsbeschwerdeverfahren muss in Nr. 1 Buchst. b deshalb ausdrücklich gesondert genannt werden, weil es in diesem Verfahren keine Beschwerde gibt, so dass auch eine Erwähnung in der VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 aus systematischen Gründen nicht möglich gewesen wäre und Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 20 KapMuG daher von Nr. 1 Buchst. a nicht erfasst werden konnten.
Rz. 119
Die Nr. 1b der VV Vorb. 3.2.2 wurde durch das Gesetz zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren vom 16.8.2005 eingefügt und durch das FGG-Reformgesetz vom 17.12.2008 in Nr. 1e überführt. Das Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes vom 19.10.2012 passte lediglich den Verweis auf die jetzt in § 20 KapMuG geregelte Rechtsbeschwerde an. Das 2. KostRMoG hat die VV Vorb. 3.2.2. neu strukturiert und die Anordnung von Nr. 1e a.F. in die jetzige Nr. 1b verschoben.
1. Anwendungsbereich der VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1b
Rz. 120
Nr. 1b der VV Vorb. 3.2.2 findet nur auf die dort genannte Rechtsbeschwerde nach § 20 KapMuG Anwendung. Die Rechtsbeschwerde des § 20 Abs. 1 S. 1 KapMuG findet gegen den Musterentscheid im Anwendungsbereich des § 1 KapMuG statt. Weitere Bestimmungen zum Rechtsbeschwerdeverfahren sind in den §§ 20, 21, 26 KapMuG enthalten. Im Übrigen kommen die §§ 574 ff. ZPO zur Anwendung.
2. Gebühren für Rechtsbeschwerde nach § 20 KapMuG
Rz. 121
Für die anwaltliche Tätigkeit im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 20 KapMuG sind gemäß der VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1b die Gebührenvorschriften VV 3206 bis 3213 anzuwenden. Es entsteht die Verfahrensgebühr VV 3208 mit einem Gebührensatz von 2,3. In dem Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 20 KapMuG können sich die Beteiligten nur durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags reduziert sich die Gebühr auf 1,8 (VV 3209).
Rz. 122
Eine Terminsgebühr fällt nach VV 3210 mit einem Gebührensatz von 1,5 an. In den Fällen der VV 3211 kann sich der Gebührensatz auf 0,8 reduzieren. Weiterhin können die Allgemeinen Gebühren nach Teil 1 VV entstehen.
Rz. 123
Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu den einzelnen Gebührenvorschriften verwiesen.
Beispiel: Gegen den Musterentscheid legt der Rechtsanwalt B für den Rechtsbeschwerdeführer K, der in dem Musterverfahren als Beigeladener beteiligt war, die Rechtsbeschwerde nach § 20 KapMuG ein. Im Ausgangsverfahren macht K einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 20.000 EUR geltend, der in vollem Umfang von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen war. Der BGH entscheidet nach einer mündlichen Verhandlung über die Rechtsbeschwerde.
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts B im Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt entsprechend § 23b 20.000 EUR. Für die Vertretung des K im Rechtsbeschwerdeverfahren erhält Rechtsanwalt B eine 2,3-Verfahrensgebühr (VV 3208 i.V.m. VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1b) und eine 1,5-Terminsgebühr (VV 3210 i.V.m. VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1b).
3. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde nach § 20 KapMuG
Rz. 124
Die Rechtsanwaltsgebühren im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 20 KapMuG richten sich nach dem Wert des im Ausgangsverfahren geltend gemachten Anspruchs, soweit dieser Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist. Dies beruht auf einer analogen Anwendung des § 23b. Einer unmittelbaren Anwendung des § 23b steht entgegen, dass sich die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur auf das Musterverfahren bezieht. Der Gesetzgeber befürwortet stattdessen, dass sich der Gegenstandswert im Rechtsbeschwerdeverfahren aus einer Anwendung von § 23 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 47 GKG ergibt. Dem steht allerdings entgegen, dass im Rechtsbeschwerdeverfahren für den Streitwert der Gerichtsgebühren nicht § 47 GKG, sondern § 51a Abs. 2 GKG gilt. Der Anwendung von § 23 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 51a GKG wiederum steht entgegen, dass es in § 51a Abs. 2 GKG nicht nur auf den Antrag des Rechtsbeschwerdeführers ankommt, sondern von der Summe der sämtlichen nach § 8 KapMuG ausgesetzten Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche auszugehen ist, soweit diese Gegenstand des Musterverfahrens sind.
Rz. 125
Wird der Prozessbevollmächtigte im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 20 KapMuG in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, ist der Gegenstandswert in Höhe der Summe der nach den Werten der im Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche der Auftraggeber festzusetzen.