Lotte Thiel, Dr. iur. Thomas Eder
Rz. 24
Der Rechtsanwalt muss bei der Aussöhnung der Eheleute mitgewirkt haben, damit er die Gebühr der VV 1001 abrechnen darf. Dabei kommt es nicht allein auf ein kausales Tätigwerden an, sondern auch auf den Erfolg. Die eheliche Gemeinschaft muss – zumindest auch – aufgrund der Aussöhnung, bei der der Rechtsanwalt mitgewirkt hat, wieder aufgenommen worden sein. Unter "Mitwirkung" ist zu verstehen, dass der Rechtsanwalt die Bereitschaft der Eheleute zur Aussöhnung weckt oder bei vorhandener Aussöhnungsbereitschaft weiter fördert. Dabei reicht es aus, wenn seine Beratung die Versöhnungsbereitschaft seines Auftraggebers gefördert hat, und sei es auch nur, dass er im Hinblick auf die beabsichtigte Aussöhnung seinem Mandanten empfohlen hat, bis zur Aussöhnung das Ruhen des Scheidungsverfahrens zu beantragen. Irgendeine Ursächlichkeit muss aber festgestellt werden können. Voraussetzung ist dabei nicht, dass gerade der Beitrag des Rechtsanwalts die maßgebliche Ursache der Aussöhnung war. Ausreichend ist vielmehr, dass der Rechtsanwalt eine der Ursachen für die Aussöhnung gesetzt hat. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts an der Aussöhnung setzt weder dessen Teilnahme an den Aussöhnungsgesprächen noch ein Verhalten voraus, das maßgeblich zum Erfolg beigetragen hat. Es genügt eine Tätigkeit, die geeignet war, diesen (mit) herbeizuführen. Die bloße Mitwirkung des Anwalts an der verfahrensrechtlichen Umsetzung der Aussöhnung lässt die Aussöhnungsgebühr nicht entstehen.
Rz. 25
Die Aussöhnungsgebühr entsteht, wenn der Rechtsanwalt glaubhaft machen kann, dass er sich um eine Aussöhnung bemüht hat. Dies gilt selbst dann, wenn er unmittelbar bei der Aussöhnung selbst nicht mitgewirkt hat. Es genügt, wenn diese Bemühungen die Aussöhnung gefördert haben. An die Glaubhaftmachung der Mitwirkung dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden; es reicht aus, wenn nach den gesamten Umständen die Überzeugung begründet ist, dass die Bemühungen des Rechtsanwalts irgendwie ursächlich für die Aussöhnung der Eheleute gewesen sind. Es kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der Rechtsanwalt auch dann an der Versöhnung mitgewirkt hat, wenn der Richter im Termin mit den Eheleuten ein Aussöhnungsgespräch führt und die Eheleute alsbald oder auch später unter dem Eindruck des Aussöhnungsgesprächs die eheliche Lebensgemeinschaft aufnehmen und fortsetzen. Denn es ist von vornherein nicht anzunehmen, dass der Rechtsanwalt untätig dabeisteht, wenn zur Aussöhnung verhandelt wird. Dabei braucht das Protokoll über die Tätigkeit des Rechtsanwalts bei der Aussöhnungsverhandlung selbst nichts auszusagen.
Rz. 26
Ausreichend für die Teilnahme oder Mitwirkung an der Aussöhnung dürften folgende Tätigkeiten des Rechtsanwalts sein:
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Teilnahme an Gesprächen zwischen den Eheleuten und Beratung über Scheidungsfolgen, |
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Gespräch und Erörterung der Probleme mit dem anderen Ehegatten, |
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Telefonische Erörterung mit dem Rechtsanwalt des anderen Ehegatten, |
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Beratung des Auftraggebers dahingehend, eine verfahrensrechtliche Maßnahme nicht zu ergreifen, um die Aussöhnung nicht zu gefährden oder zu ermöglichen, |
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Beratung zum Procedere für den Fall der Aussöhnung, |
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Empfehlung, das Ruhen des Scheidungsverfahrens zu beantragen, |
Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn der Rechtsanwalt lediglich die verfahrensrechtlichen Erklärungen zur Beendigung des Verfahrens abgegeben hat, ohne sonst an der Aussöhnung mitgewirkt zu haben.