1. Erledigungsgebühr gemäß VV 1002
Rz. 27
Die Erledigungsgebühr fällt stets nur neben einer anderen Gebühr (z.B. Verfahrens-, Termins- oder Geschäftsgebühr) an. Der Gebührensatz hat sich – nur – in den Fällen, in denen kein gerichtliches Verfahren wegen des Gegenstandes anhängig ist, von einer vollen Gebühr auf einen Gebührensatz von 1,5 erhöht; eine Ausnahme besteht insoweit lediglich für ein selbstständiges Beweisverfahren, weil es sich dabei nicht um ein streitiges Verfahren handelt (vgl. VV 1003). Der Grund für die Erhöhung liegt in der Gleichstellung mit der Einigungsgebühr, weil inhaltsgleiches Ziel beider Vorschriften die Förderung und Belohnung des anwaltlichen Bestrebens ist, Streitigkeiten möglichst ohne Anrufung des Gerichts beizulegen. Es entsteht in diesen Fällen stets eine Gebühr mit einem Gebührensatz von 1,5; dies gilt selbst dann, wenn die daneben erforderliche sonstige verdiente Gebühr geringer ist. Gerechtfertigt ist der Gebührenansatz von 1,5 auch dann, wenn andere Gegenstände, wegen deren noch kein gerichtliches Verfahren anhängig ist, außergerichtlich, erstinstanzlich oder im Berufungs- oder Revisionsverfahren mit erledigt werden. Das Gesamtaufkommen der Einigungsgebühren ist ggf. gemäß § 15 Abs. 3 zu kürzen.
Streitig ist, ob die Festsetzung einer Differenzverfahrensgebühr möglich ist, wenn im Rahmen der Erledigung eines Verfahrens ein anderes Verfahren mit erledigt wird. Dies ist nach Sinn und Zweck der VV 3201 Nr. 1 bzw. VV 3101 Nr. 1 zu bejahen.
2. Erledigungsgebühr gemäß VV 1003
Rz. 28
Erfolgt die Erledigung erst, nachdem bereits ein gerichtliches Verfahren wegen desselben Gegenstandes anhängig ist, wurde eines der mit der Erledigungsgebühr verfolgten Ziele – die Nichtinanspruchnahme der Gerichte – nicht erreicht. Andererseits bleibt gleichwohl ein Vorteil, müssen die Gerichte doch wegen der Erledigung keine Entscheidung in der Sache selbst mehr treffen. Die dafür ursächliche Tätigkeit des Anwalts soll deshalb durch eine gesonderte Gebühr belohnt werden, jedoch nur zu dem reduzierten Gebührensatz von 1,0.
Rz. 29
Wird in dem erledigten Verfahren gleichzeitig ein anderes Verfahren mit erledigt, kommt bei beiden Verfahren nicht VV 1002 mit einer 1,5-Gebühr zur Anwendung, sondern eine Gebühr nach VV 1003 oder VV 1004, je nachdem, in welcher Instanz die mit einbezogene Sache anhängig ist.
Rz. 30
Da es auch im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens zu einer Prüfung der Sach- und Rechtslage kommt (Prüfung der Erfolgsaussicht), führt auch die bloße Anhängigkeit eines Prozesskostenhilfeverfahrens zu dem reduzierten Gebührensatz von 1,0, soweit es nicht um die Prozesskostenhilfe für ein selbstständiges Beweisverfahren oder die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs geht (siehe Anm. zu § 1003). Aufgrund der abstrakten Regelung kommt es weder hierbei noch bei einer Anhängigkeit des Hauptverfahrens darauf an, ob sich im Zeitpunkt der Erledigung das Gericht überhaupt schon mit der Sache selbst befasst hatte.
Rz. 31
Ausdrücklich unschädlich ist hingegen, dass ein selbstständiges Beweisverfahren oder ein Prozesskostenhilfeverfahren für ein solches anhängig ist. Denn dieses dient lediglich zur Beweissicherung und ist kein Streitverfahren im eigentlichen Sinne. Wenn Letzteres durch die Tätigkeit des Anwalts vermieden wird, hat er die Erledigungsgebühr nach VV 1002 mit dem Gebührensatz von 1,5 verdient.
3. Erledigungsgebühr gemäß VV 1004
Rz. 32
Im Berufungs- oder Revisionsverfahren erhöht sich der Gebührensatz auf 1,3.
Rz. 33
Eine Änderung durch das 2. KostRMoG vom 23.7.2013 stellt klar, dass die Erledigungsgebühr nach VV 1004 auch
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in Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf Zulassung der Berufung oder der Revision oder |
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in Verfahren vor dem Rechtsmittelgericht zu führende Verfahren auf Zulassung des Rechtsmittels |
entstehen kann.
Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist dabei "verschiedene" Angelegenheit zum Rechtsmittelverfahren, § 17 Nr. 9 und gehört nicht zum Rechtsmittelverfahren. Es entstehen eigene Gebühren, die zum Teil gesondert geregelt sind (etwa VV 3506, 3516) oder für die über die Vorb. 3.2.1 und 3.2.2 die für das Berufungs- oder Revisionsverfahren entstehenden Gebühren für entsprechend anwendbar erklärt werden.
Das auf die Zulassung des Rechtsmittels vor dem Rechtsmittel geführte Verfahren gehört dagegen zu dem Rechtsmittelverfahren, § 16 Nr. 11. Der Klarstellung hätte es nicht bedurft, da VV 1004 schon in der bisherigen Fassung anzuwenden gewesen ist.
Rz. 34
Bereits durch die Einfügung der Anm. Abs. 1 durch Art. 47 Abs. 6 Nr. 19d des FGG-RG ist nun klargestellt, dass VV 1004 auch auf alle in VV Vorb. 3.2.1 sowie Vorb. 3.2.2 aufgeführten Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren Anwendung findet. Das 2. KostRMoG übernimmt di...