Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Sukzessive Vertretung
Rz. 42
Nach der Rechtsprechung des BGH liegt dieselbe Angelegenheit vor und ist die Beteiligung auch dann "gemeinschaftlich", wenn der Anwalt die Mandanten nacheinander vertritt (der Anwalt übernimmt die Vertretung des neuen Mandanten erst, nachdem der alte Mandant aus dem Verfahren ausgeschieden war; vgl. § 7 Rdn 30). VV 1008 ist anwendbar, weil der Rechtsanwalt mehrere Mandanten hat (vgl. Rdn 28).
b) Mehrfache Parteirolle
Rz. 43
Vertritt der Rechtsanwalt bspw. sowohl den Beklagten als auch dessen Streithelfer, ist gebührenrechtlich von derselben Angelegenheit auszugehen, wenn ein innerer Zusammenhang im Sinne eines einheitlichen von dem Rechtsanwalt zu prüfenden Lebenssachverhalt auszugehen ist. Sind die Mandanten personenverschieden, fällt die Erhöhung nach VV 1008 an.
c) Verfassungsbeschwerdeverfahren
Rz. 44
Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG liegen keine verschiedenen Angelegenheiten vor, wenn die Begehren mehrerer Auftraggeber einheitlich in demselben Verfassungsbeschwerdefahren geltend gemacht werden und zwischen den Begehren ein innerer Zusammenhang besteht. Wegen § 7 Abs. 1 erhält der Rechtsanwalt, der in demselben Verfassungsbeschwerdeverfahren für mehrere Auftraggeber tätig wird, die Verfahrensgebühr VV 3206 daher nur einmal (zur Frage der Gebührenerhöhung nach VV 1008 oder der Wertaddition gem. § 22 Abs. 1 vgl. Rdn 55).
d) Mehrere Privat- oder Nebenkläger
Rz. 45
Bei der Vertretung mehrerer Privat- oder Nebenkläger in demselben gerichtlichen Verfahren liegt stets dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit vor. Denn ein Strafverfahren bildet dieselbe Angelegenheit i.S.v. §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2. Auch die Vertretung mehrerer Nebenkläger in demselben Adhäsionsverfahren betrifft wegen §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 stets dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit. Allerdings können verschiedene Gegenstände betroffen sein, was bei Wertgebühren nicht zu einer Erhöhung nach VV 1008, sondern zu einer Wertzusammenrechnung gem. § 22 Abs. 1 führt.
e) Beistand für mehrere Zeugen
Rz. 46
Der in einer Strafsache mehreren Zeugen als Beistand gem. § 68b Abs. 2 StPO beigeordnete oder sonst für mehrere Zeugen tätige Rechtsanwalt wird ebenfalls für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit tätig und erhält deshalb die Gebühren gem. §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 – mit der Erhöhung nach VV 1008 – nur einmal. Der Zeugenbeistand kann deshalb nicht für jeden Zeugen gesonderte Gebühren abrechnen, weil das gleiche Strafverfahren stets dieselbe Angelegenheit i.S.v. §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 darstellt. Wenn die mehreren Zeugen, denen der Rechtsanwalt als Beistand beigeordnet worden ist, in dem Strafverfahren zu verschiedenen Anklagevorwürfen vernommen werden, sollen nach einer Auffassung verschiedene Angelegenheiten vorliegen. Denn die Beiordnung erfolge hier nicht in derselben Angelegenheit i.S.v. § 7 Abs. 1. Diese Auffassung ist abzulehnen. Die Tätigkeiten des Beistands für die zu verschiedenen Anklagevorwürfen vernommenen mehreren Zeugen betreffen verschiedene Gegenstände, nicht aber verschiedene Angelegenheiten.