Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Gegenstandswertunabhängige Vergütung
a) Betragsrahmengebühren
Rz. 71
Erhält der Anwalt für seine Tätigkeit eine Betragsrahmengebühr wie etwa in den Verfahren vor den Sozialgerichten (§ 3) oder in Straf- und Bußgeldsachen (VV 4100, 5100 ff.), so stellt ein Gegenstandswert dieser Tätigkeit keine Berechnungsgröße für die Höhe der Gebühr dar. Der Wert kann lediglich innerhalb des vorgegebenen Gebührenrahmens bei der Bestimmung des Betrages gem. § 14 Berücksichtigung finden (vgl. § 14 Abs. 1 S. 3). Den Rahmen selbst vermag er jedoch nicht zu beeinflussen. Insoweit ist es unerheblich, wie hoch er ist, wie er sich zusammensetzt und wer daran in welchem Umfang beteiligt ist. Damit scheidet auch eine Erhöhung nach § 22 Abs. 1 durch Wertaddition verschiedener Gegenstände aus.
Rz. 72
Die Vertretung mehrerer Angeklagter oder Betroffener im Straf- und Bußgeldverfahren ist nicht möglich, da nach § 146 StPO das Verbot der Mehrfachverteidigung gilt. VV 1008 findet daher für den Verteidiger keine Anwendung. Die Anwendung von VV 1008 kommt bei den in VV Teil 4 und 5 geregelten Angelegenheiten in erster Linie in Betracht, wenn der Rechtsanwalt mehrere Neben- oder Privatkläger vertritt oder als Beistand oder Vertreter mehrerer Einziehungs- oder Nebenbeteiligter oder von mehreren Zeugen oder Sachverständigen tätig wird. Fällt für den Vertreter der Nebenkläger eine Wertgebühr an, ist für deren Erhöhung aber zudem Gegenstandsidentität und gemeinschaftliche Beteiligung am Verfahrensgegenstand erforderlich. Ein Rechtsanwalt, der in einer Hauptverhandlung mehreren Zeugen beisteht, wird für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit tätig und erhält deshalb einmalig die Gebühren, allerdings mit der Erhöhung nach VV 1008 (vgl. Rdn 46).
b) Satzrahmengebühren (modifizierte Wertgebühr)
Rz. 73
Im Gegensatz dazu sind die Satzrahmengebühren (z.B. VV 2100, 2300) wertabhängig. Sie nehmen eine Zwitterstellung ein, weil es sich sowohl um Wertgebühren (§ 13) als auch um Rahmengebühren (§ 14) handelt. Nur der Gebührensatz ist variabel. Wird er festgelegt, bestimmt sich danach die Gebühr ebenso aus dem Gegenstandswert wie bei einem von vornherein festen Gebührensatz. Deshalb wirken sich verschiedene Gegenstände über § 22 Abs. 1 gebührenerhöhend aus, so dass eine Erhöhung nach VV 1008 auch hier nur bei identischen Gegenständen in Betracht kommt. Satzrahmengebühren sind Wertgebühren i.S.v. Anm. Abs. 1 (zur Berechnung der Erhöhung siehe Rdn 111).
c) Festgebühren
Rz. 74
Bei Festgebühren, wie sie etwa in der Beratungshilfe oder i.d.R. in Strafsachen für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt anfallen (VV 2500 ff., VV 4100 ff.), besteht keinerlei Möglichkeit, den Gegenstandswert gebührenbestimmend zu berücksichtigen. Die Zusammenrechnung der Werte verschiedener Gegenstände (§ 22 Abs. 1) lässt die Festgebühr unverändert. Die im Verhältnis zur Einzelvertretung vermutete Mehrbelastung des Anwalts bei einer Mehrfachvertretung lässt sich allein über die Anhebung der Festgebühr zusätzlich erfassen. Dabei kann nur auf die Anzahl der Mandanten, nicht hingegen auf deren wertmäßige Beteiligung abgestellt werden.
Rz. 75
Mangels Bedeutung des Gegenstandes sowohl für die Betragsrahmen- als auch für die Festgebühr ist es in diesen Fällen unerheblich, ob insoweit verschiedene oder identische Gegenstände vorliegen. Die Erhöhung nach VV 1008 greift in beiden Fällen ein. Einerseits verlangt Anm. Abs. 1 nur für Wertgebühren, dass derselbe Gegenstand vorliegen muss. Zum anderen wäre es systemwidrig, wenn der Anwalt, der für mehrere Mandanten in derselben Angelegenheit (§§ 16 ff.) verschiedene Gegenstände wahrnimmt, mangels Anwendbarkeit des § 22 keinerlei zusätzliche Vergütung erhielte, obwohl diese Konstellation nach der gesetzlichen Vermutung eine größere Mehrbelastung darstellt als die gemeinschaftliche Vertretung bei identischem Gegenstand.
Rz. 76
Das bedeutet für die Beratungshilfe, dass der mehrere Unterhaltsgläubiger vertretende Rechtsanwalt eine nach VV 10...