I. Persönlicher Anwendungsbereich
Rz. 6
VV 2100 gilt grundsätzlich für jeden Anwalt, unabhängig davon, ob er bereits in der Vorinstanz tätig war, und auch unabhängig davon, ob ihm später der Rechtsmittelauftrag erteilt wird oder nicht. In diesem Falle ist lediglich die Prüfungsgebühr nach Anm. zu VV 2100 auf die entsprechende Verfahrensgebühr des Rechtsmittelverfahrens anzurechnen (siehe Rdn 32).
II. Abrechnung nach Wertgebühren
Rz. 7
VV 2100 gilt nur dann, wenn im Rechtsmittelverfahren nach Wertgebühren abzurechnen ist, also wenn sich die Gebühren im Rechtsmittelverfahren gemäß §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 S. 2 nach dem Gegenstandswert richten. VV 2100 gilt also nur für:
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Rechtsmittelverfahren in Zivilsachen, |
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Rechtsmittelverfahren in Familiensachen nach dem FamFG, |
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Rechtsmittelverfahren in Arbeitsgerichtsstreitigkeiten, |
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Rechtsmittel in Verwaltungsrechtsstreitigkeiten, |
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Rechtsmittel in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 nach dem Wert abzurechnen ist, |
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Rechtsmittel in finanzgerichtlichen Verfahren, |
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Rechtsmittel in Verfahren nach VV Teil 4 bis 6
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im Adhäsionsverfahren, also soweit über ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche |
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gegen Entscheidungen über Einziehung und verwandte Maßnahmen |
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soweit nach VV Vorb. 4 Abs. 5, 5 Abs. 4, 6 Abs. 4 auf VV Teil 3 verwiesen wird, und Rechtsmittel somit nach dem Gegenstandswert abzurechnen sind. |
Nach der früheren Gesetzesfassung widersprach dies VV Vorb. 2 Abs. 3 a.F., wonach die Gebühren der VV 2100, 2101 nicht in Angelegenheiten nach VV Teil 4 bis 6 anzuwenden sein sollten. Man war sich nach der damaligen Gesetzesfassung jedoch schon einig, dass die VV 2100, 2101 in Angelegenheiten nach VV Teil 4 bis 6 jedenfalls dann gelten sollten, wenn dort nach dem Gegenstandswert abgerechnet wird. Durch den Wegfall der VV Vorb. 2 Abs. 3 ist jetzt klargestellt, dass die Wertgebühren der VV 2100, 2101 auch in Verfahren nach VV Teil 4 bis 6 anzuwenden sind, wenn sich die Gebühren dort nach dem Wert richten. |
Rz. 8
Soweit im Rechtsmittelverfahren Betragsrahmengebühren gelten, also
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in sozialrechtlichen Verfahren nach § 3 Abs. 1 S. 1, |
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in Strafsachen (ausgenommen Adhäsionsverfahren, Verfahren über Einziehung und verwandte Maßnahmen, Verfahren nach VV Vorb. 4 Abs. 5), |
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in Bußgeldsachen (ausgenommen Verfahren über Einziehung und verwandte Verfahren nach VV Vorb. 5 Abs. 4), |
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in Verfahren nach VV Teil 6 (ausgenommen Verfahren nach VV Vorb. 6 Abs. 4), |
gilt nicht VV 2100, sondern VV 2102.
Rz. 9
Auch kann es zu Mischfällen kommen, etwa wenn sowohl die Erfolgsaussicht einer Berufung gegen die Verurteilung in der Hauptsache geprüft werden soll als auch die Erfolgsaussicht, eine Adhäsionsentscheidung anzugreifen. In diesem Fall wird man ebenso wie früher bei der allgemeinen Beratung vorgehen müssen. Es wird dann also eine Rahmengebühr bemessen für die Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache (VV 2102). Zu dieser Rahmengebühr wird dann zusätzlich eine Wertgebühr nach VV 2100 für die zusätzliche Beratung über die Erfolgsaussicht hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche hinzugesetzt.
Beispiel: Der Anwalt wird beauftragt, zu prüfen, ob gegen die Verurteilung zu 50 Tagessätzen sowie die Verurteilung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 2.000 EUR eine Berufung Aussicht auf Erfolg hätte.
1. |
Prüfungsgebühr, VV 2102 |
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210,00 EUR |
2. |
0,75-Prüfungsgebühr, VV 2100 (Wert: 2.000,00 EUR) |
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124,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
354,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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67,36 EUR |
Gesamt |
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421,86 EUR |
III. Rechtsmittel
Rz. 10
Im Gegensatz zur früheren Rechtslage nach der BRAGO muss sich die Prüfung nicht auf die Erfolgsaussicht einer
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Berufung oder |
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Revision |
beschränken. Anzuwenden ist VV 2100 auf sämtliche Rechtsmittel, also auch auf die Prüfung der Erfolgsaussicht einer
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Beschwerde (insbesondere in den berufungsgleichen Beschwerdeverfahren nach dem FamFG – §§ 58 ff. FamFG), |
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Nichtzulassungsbeschwerde oder |
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Rechtsbeschwerde (insbesondere in den revisionsgleichen Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem FamFG – §§ 70 ff. FamFG). |
Rz. 11
Strittig ist, ob die Prüfung der Erfolgsaussicht einer Verfassungsbeschwerde unter VV 2100 fällt. Dafür spricht, dass die Verfassungsbeschwerde einem Rechtsmittel gleich kommt und zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen kann. So wird auch im Rahmen des § 21 die Verfassungsbeschwerde wie ein Rechtsmittel (siehe Vor §§ 20, 21 Rdn 48), was in der Tat dafür spricht, VV 2100 anzuwenden.
Rz. 12
Sofern man eine Prüfungstätigkeit nach VV 2100 ablehnt, müsste man von einer Beratungsgebühr nach § 34 ausgehen. In diesem Fall ist eine Gebührenvereinbarung dringend geboten, da die Beratung eines Verbrauchers – und um den wird es sich in der Regel handeln – mit 250 EUR keinesfalls angemessen vergütet se...