Lotte Thiel, Ass. jur. Sabrina Reckin
Rz. 8
Dadurch, dass nunmehr im Wortlaut der Vorschrift auf den Auftrag abgestellt wird, wird klargestellt, dass es für die Anwendbarkeit des Gebührentatbestandes nicht auf die Tätigkeit des Rechtsanwaltes ankommt oder darauf, ob das Schreiben ein solches einfacher Art ist. Auch in der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es zur Abgrenzung allein auf den Inhalt des erteilten Auftrags und nicht auf die tatsächlich ausgeführte Tätigkeit ankomme, so dass die Regelung VV 2301 nicht gilt, wenn auftragsgemäß einem einfachen Schreiben umfangreiche Prüfungen oder Überlegungen vorausgegangen sind. Ist daher der Rechtsanwalt beauftragt, die Forderung seines Mandanten außergerichtlich durchzusetzen, sie zu überprüfen und seinen Auftraggeber insoweit auch zu beraten, greift die Geschäftsgebühr nach VV 2300.
Beispiel: Der Mandant beauftragt den Rechtsanwalt mit der Prüfung und (außergerichtlichen) Beitreibung einer Forderung. Der Rechtsanwalt fordert die Gegenseite zunächst in einem dreizeiligen Schreiben unter Fristsetzung zur Zahlung auf. Daraufhin wird die Forderung beglichen.
Auch wenn das Schreiben selbst einfacher Art ist und keine rechtlichen Ausführungen enthält, ist dennoch VV 2301 nicht anwendbar. Denn der Auftrag des Anwalts war auf eine umfangreichere Tätigkeit, nämlich die umfassende Prüfung und (außergerichtliche) Durchsetzung der Forderung gerichtet. Der Rechtsanwalt erhält also die Geschäftsgebühr nach VV 2300, wobei er im Streitfall darlegen muss, dass er einen entsprechend umfangreichen Auftrag erhalten hatte. Der konkrete Umfang der Tätigkeit ist dann im Rahmen der Gebührenbemessung nach § 14 Abs. 1 zu berücksichtigen.
Rz. 9
Umgekehrt erhält der Anwalt nur die Vergütung nach VV 2301, wenn der Auftrag auf ein einfaches Schreiben gerichtet war, er aber auftragswidrig in diesem Schreiben umfangreiche rechtliche Prüfungen vornimmt oder tatsächliche Ausführungen macht. Erkennt der Anwalt also nach Annahme eines solchen Auftrags, dass allein die Abfassung eines einfachen Schreibens nicht reicht, sondern umfassende Vorarbeiten o.Ä. erforderlich sind, muss er auf eine entsprechende Erweiterung des Auftrages hinwirken.
Rz. 10
Wird ein einfaches Schreiben im Rahmen eines weitergehenden Vertretungs- oder Prozessauftrags verfasst, ist zunächst zu prüfen, ob die entsprechende Tätigkeit nicht gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 zum Rechtszug gehört und deshalb keine gesonderte Gebühr auslösen kann. Dies gilt beispielsweise für Sachstandsanfragen an das erkennende Gericht, für die Übersendung von Protokollen oder Entscheidungen mit Begleitnachricht an den Mandanten.