Rz. 35

Kommt es nach dem Güte- oder Schlichtungsverfahren zum Rechtsstreit oder einem anderen gerichtlichen Verfahren nach VV Teil 3, so wird nach VV Vorb. 3 Abs. 4 auch die Geschäftsgebühr nach VV 2303 auf die Verfahrensgebühr eines nachfolgenden Verfahrens gemäß VV Teil 3 angerechnet.

 

Rz. 36

Da hier gegebenenfalls außergerichtlich mehrere Geschäftsgebühren anfallen können (VV 2300 und VV 2303), ist angeordnet, dass nur die letzte Geschäftsgebühr, also hier die der VV 2303 angerechnet wird (VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 2). Anzurechnen ist auch hier nur hälftig, höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 (VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 1). Diese Begrenzung kann sich nur bei mehreren Auftraggebern auswirken (siehe Rdn 17). Auch hier wird bei unterschiedlichen Gegenständen nur nach dem Wert angerechnet, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist (VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 3).

 

Rz. 37

Die im Schlichtungsverfahren entstandenen Auslagen bleiben dagegen dem Anwalt ungekürzt erhalten, auch dann, wenn er sie pauschal berechnet, da die Postentgeltpauschale aus dem Gebührenaufkommen vor Anrechnung bemessen wird.[36]

 

Beispiel: Der Anwalt wird beauftragt, eine Forderung von 400 EUR außergerichtlich geltend zu machen. Anschließend wird das Schlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO durchgeführt und hiernach Klage erhoben. Nach mündlicher Verhandlung ergeht ein Urteil.

I. Außergerichtliche Tätigkeit (Wert: 400 EUR)

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300   63,70 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002 (20 % aus 63,70 EUR)   12,74 EUR
  Zwischensumme 76,44 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   14,52 EUR
Gesamt   90,96 EUR

II. Schlichtungsverfahren (Wert: 400 EUR)

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, VV 2303 Nr. 1   73,50 EUR
2.

gem. VV Vorb. 3 Abs. 6 anzurechnen,

0,65 aus 400,00 EUR
  – 31,85 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002 (20 % aus 73,50 EUR)   14,70 EUR
  Zwischensumme 56,35 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   10,71 EUR
Gesamt   67,06 EUR

III. Gerichtsverfahren (Wert: 400 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   63,70 EUR
2.

gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen,

0,75 aus 400 EUR
  – 36,75 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   58,50 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 105,45 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   20,04 EUR
Gesamt   125,49 EUR
 

Rz. 38

Wird das Klageverfahren nur wegen eines Teils der im Schlichtungsverfahren anhängigen Forderung durchgeführt, ist die Geschäftsgebühr nur aus diesem Teilwert anzurechnen; angerechnet wird auch hier nur, soweit sich die Gegenstände von Güte- oder Schlichtungsverfahren und nachfolgendem Rechtsstreit decken (VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 3).

 

Beispiel: Das Schlichtungsverfahren wegen einer Forderung von 600 EUR scheitert; es kommt anschließend zum Rechtsstreit über 300 EUR, in dem streitig verhandelt wird.

Der Anwalt erhält:

I. Schlichtungsverfahren (Wert: 600 EUR)

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, VV 2303 Nr. 1   132,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 152,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   28,88 EUR
Gesamt   180,88 EUR

II. Rechtsstreit (Wert: 300 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   63,70 EUR
2.

gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen,

0,75 aus 300,00 EUR
  – 36,75 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   58,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 105,75 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   20,09 EUR
Gesamt   125,84 EUR
 

Rz. 39

Schließen die Parteien vor der Gütestelle eine Einigung oder einen Vergleich, die aus formalen oder inhaltlichen Gründen nicht vollstreckbar sind, und muss anschließend aus dem Vergleich heraus geklagt oder gar ein neues Schlichtungsverfahren betrieben werden, dann stellt dieses Verfahren eine neue Angelegenheit i.S.d. § 15 dar. Eine Anrechnung der Gebühren findet dann nicht statt.[37]

 

Rz. 40

Die Einigungsgebühr der VV 1000 ist niemals anzurechnen.[38]

[36] Enders, JurBüro 2000, 115. Zur Berechnung der Auslagenpauschale in Anrechnungsfällen siehe ausführlich N. Schneider, ZAP Fach 24, S. 585.
[37] OLG München JurBüro 1995, 85.
[38] Enders, JurBüro 2000, 115.

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