Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Tatsächliche Zahlung der Geschäftsgebühr
Rz. 31
Die Staatskasse kann sich indes auf eine Anrechnung unter anderem nur dann berufen, wenn der Anwalt eine den Anrechnungsbetrag erfassende tatsächliche Zahlung erhalten hat. Dies gilt auch bei der Beratungshilfevergütung.
Hierbei kommt es nicht darauf an, ob diese tatsächliche Zahlung von dem Auftraggeber, einem Kostenerstattungsschuldner oder der Staatskasse herrührt. Zweifelhaft ist allerdings, ob sich diese Voraussetzung bereits aus § 15a Abs. 2 ergibt. Denn dass die Staatskasse Dritte i.S.v. § 15a Abs. 2 ist, kann deshalb fraglich sein, weil die Staatskasse Vergütungsschuldner und nicht Kostenerstattungsschuldner ist. Ist die Staatskasse gleichwohl als Dritte anzusehen (vgl. aber § 55 Rdn 73 ff.), kann sie sich gemäß § 15a Abs. 2 auf eine Anrechnung unter anderem nur berufen, wenn der Anwalt eine den Anrechnungsbetrag erfassende tatsächliche Zahlung erhalten hat. Dasselbe Ergebnis ergibt sich aber auch schon aus § 15a Abs. 1 i.V.m. § 58. Denn der Rechtsanwalt kann über § 15a Abs. 1 wählen, an welchen Vergütungsschuldner er sich wendet. Die Grenze ist lediglich, dass er nicht mehr als beide Gebühren gekürzt um den Anrechnungsbetrag beanspruchen kann.
Rz. 32
Verlangt der Rechtsanwalt z.B. für die gerichtliche Tätigkeit nicht oder nicht mehr die volle, sondern nur die um den Anrechnungsbetrag gekürzte Verfahrensgebühr, muss die Staatskasse die volle Geschäftsgebühr (VV 2503) vergüten. Hinzu kommt, dass gemäß § 58 Abs. 2 eine Anrechnung nur bei einer tatsächlichen Zahlung von der Staatskasse berücksichtigt werden kann. § 58 Abs. 2 ist anwendbar, weil es um die Anrechnung mit Gebühren nach VV Teil 3 geht und § 15a die Reihenfolge, worauf anzurechnen ist, freistellt. Nach § 55 Abs. 5 S. 3 hat der Rechtsanwalt Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr anzugeben, wobei die Angabe auch den Gebührensatz oder den Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch den zugrunde gelegten Wert einschließt. Auch hieraus ergibt sich mittelbar, dass eine Gebührenanrechnung im Verhältnis zur Staatskasse dann nicht zu berücksichtigen ist, wenn der Rechtsanwalt keine Zahlungen auf die außergerichtliche Geschäftsgebühr erhalten hat (§ 55 Rdn 67 ff.).
b) Anwendung von § 58 Abs. 2
Rz. 33
Zahlungen gemäß § 58 Abs. 2 können aber nur dann als Anrechnungsbeträge für eine Anrechnung nach § 15a, Anm. Abs. 2 S. 1 zu VV 2503 herangezogen werden, soweit sie noch nach einer Verrechnung auf den Differenzbetrag zwischen Wahlanwaltsvergütung und Beratungshilfevergütung verbleiben. Der Gesetzgeber hat indes bei Einführung des § 15a die vergleichbare, im Rahmen der Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung aufgeworfene Frage nicht geklärt, ob die Zahlungen gemäß § 58 Abs. 2 auf den Differenzbetrag zwischen Wahlanwalts- und Prozesskostenhilfevergütung zu verrechnen sind oder nicht, bevor eine Anrechnung gemäß § 15a, VV 2503 Anm. Abs. 2 S. 1 vorzunehmen ist. Umstritten ist ferner, ob § 58 Abs. 2 überhaupt anwendbar ist, wenn dem Anwalt Beratungshilfe- und PKH-Gebühren zustehen.
Rz. 34
Die beiden genannten (siehe Rdn 31, 32) Voraussetzungen für eine konkret durchzuführende Anrechnung, dass eine den Anrechnungsbetrag erfassende tatsächliche Zahlung geleistet ist und dass ein Anrechnungsbetrag auch nach einer vorrangigen Verrechnung mit Differenzkosten verbleibt, sind sowohl dann zu prüfen, wenn eine Anrechnung auf die Geschäftsgebühr im Rahmen der Beratungshilfe VV 2503 als auch wenn eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr für die gerichtliche Vertretung VV 3100, 3101 erfolgen soll. Denkbar ist, dass es rechnerische Unterschiede ergeben kann, je nachdem, für welche Anrechnungsreihenfolge sich der Anwalt entscheidet. Diese vielleicht überraschende Erkenntnis ist aber gesetzgeberischer Ausfluss, dass § 15a Abs. 1 dem Anwalt das Wahlrecht gegeben hat, welche Gebühr auf welche Gebühr anzurechnen ist.