Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
I. Allgemeines
Rz. 27
Auch hinsichtlich der Geschäftsgebühr nach VV 2503 ist eine Anrechnung angeordnet (Anm. Abs. 2 S. 1 und 2). Anzurechnen ist auch im Rahmen der Anm. Abs. 2 S. 1 und 2 nur die Gebühr; Auslagen bleiben anrechnungsfrei. Dies gilt auch für die Postentgeltpauschale nach VV 7002 (siehe auch Vor VV 2.5 Rdn 39). Der Umfang der Anrechnung hängt von der nachfolgenden Angelegenheit ab.
II. Anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren (Anm. Abs. 2 S. 1)
1. Wahlrecht bei der Anrechnung – § 15a Abs. 1
Rz. 28
Schließt sich an die Tätigkeit des Anwalts ein gerichtliches oder behördliches Verfahren an, so ist die Gebühr nach Anm. Abs. 2 S. 1 zur Hälfte anzurechnen. Die Anrechnungsvorschrift entspricht der in VV Vorb. 3 Abs. 4. Indes ist § 15a zu beachten. § 15a Abs. 1 definiert die Anrechnung im Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Auftraggeber. Sie gilt aber auch im Verhältnis zur Staatskasse. Beide aufeinander anzurechnende Gebühren bleiben grundsätzlich unangetastet erhalten. Der Rechtsanwalt kann also beide von der Gebührenanrechnung betroffenen Gebühren jeweils in voller Höhe geltend machen. Ihm ist es lediglich verwehrt, insgesamt mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren zu verlangen. § 15a Abs. 1 schließt somit die Anwendung der Rechtsprechung des BGH aus, wonach infolge der Anrechnung der Geschäftsgebühr die Verfahrensgebühr von Anfang an in gekürzter Höhe entstehen würde. § 15a Abs. 1 stellt die Anrechnungsreihenfolge grundsätzlich frei. Die Anrechnungsreihenfolge der Anm. Abs. 2 S. 1 zu VV 2503 bleibt allein für die Ermittlung der Höhe des Anrechnungsbetrages relevant.
2. Vorgehensweise im Innenverhältnis
Rz. 29
Zu berechnen ist folgendermaßen:
▪ |
Zunächst sind die einzelnen von der Anrechnung erfassten Gebühren zu ermitteln. |
▪ |
Sodann ist der Anrechnungsbetrag zu berechnen, und zwar in der Anrechnungsreihenfolge, die die spezielle Anrechnungsvorschrift vorgibt (z.B.: Anm. Abs. 2 S. 1 zu VV 2503: anzurechnen ist die halbe Geschäftsgebühr). |
▪ |
Anschließend ist der Gesamtbetrag der Gebühren zu ermitteln, die von der Gebührenanrechnung erfasst sind. |
▪ |
Von diesem Gesamtbetrag ist der Anrechnungsbetrag abzuziehen. |
Hieraus folgt, dass der Anrechnungsbetrag der Geschäftsgebühr VV 2503 und der weiteren von der Anrechnung betroffenen Gebühr über Anm. Abs. 2 S. 1 zu VV 2503 stets 46,75 EUR (netto) beträgt. Dem Anwalt verbleibt aus § 15a Abs. 1 grundsätzlich das Wahlrecht, von welcher Gebühr der Anrechnungsbetrag abzuziehen ist.
Rz. 30
Beispiel: Der Anwalt vertritt den Mandanten außergerichtlich im Rahmen von Beratungshilfe. Sodann vertritt der Rechtsanwalt den Mandanten im Rechtsstreit, der ohne mündliche Verhandlung endet. Der Gegenstandswert bzw. Streitwert beträgt 1.500 EUR. Wie hoch ist die Vergütung des Anwalts, die er insgesamt beanspruchen darf?
I. Außergerichtliche Vertretung
1. |
Geschäftsgebühr, VV 2503 |
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93,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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18,70 EUR |
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Zwischensumme |
112,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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21,32 EUR |
Gesamt |
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133,52 EUR |
II. Vertretung im Rechtsstreit
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 1.500 EUR) |
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165,10 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
185,10 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
35,17 EUR |
Gesamt |
|
220,27 EUR |
III. Anrechnung und Gesamtvergütung
1. |
Gesamt außergerichtliche Vertretung |
|
133,52 EUR |
2. |
Gesamt Vertretung im Rechtsstreit |
|
220,27 EUR |
3. |
Anrechnungsbetrag (§ 15a, Anm. Abs. 2 S. 1 zu VV 2503) |
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– 46,75 EUR |
Gesamtvergütung |
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307,04 EUR |
Aus Anm. Abs. 2 S. 1 zu VV 2503 ist die Maßgabe zu entnehmen, dass sich der Anrechnungsbetrag lediglich auf Höhe der halben Geschäftsgebühr (VV 2503) von 46,75 EUR beläuft und nicht auf Höhe der halben Verfahrensgebühr (VV 3100) in Höhe von 77,55 EUR.
3. Staatskasse und Anrechnung der Geschäftsgebühr
a) Tatsächliche Zahlung der Geschäftsgebühr
Rz. 31
Die Staatskasse kann sich indes auf eine Anrechnung unter anderem nur dann berufen, wenn der Anwalt eine den Anrechnungsbetrag erfassende tatsächliche Zah...