I. Gebührenrechtliche Angelegenheit

1. Mehrere Gläubiger

 

Rz. 4

Die gesamte Schuldenregulierung für den Rechtsuchenden ist unabhängig von der Zahl der Gläubiger immer nur eine Angelegenheit (§ 15).[8] Das gilt insbesondere dann, wenn mehrere Gläubiger in einem einheitlichen Rundschreiben angeschrieben werden.[9] Die Geschäftsgebühr nach VV 2504 ff. entsteht nebst der Postentgeltpauschale VV 7002 gem. § 15 Abs. 2 nur einmal, hängt der Höhe nach aber ab von der Anzahl der vorhandenen Gläubiger.

[8] OLG Stuttgart 12.6.2008 – 8 W 229/08; LG Berlin JurBüro 2001, 694; Riedel/Sußbauer/H. Schneider, RVG, VV 2504–2507 Rn 9.
[9] OLG Stuttgart 12.6.2008 – 8 W 229/08; LG Berlin RVGreport 2006, 464 = JurBüro 2007, 387.

2. Mehrere Schuldner

 

Rz. 5

Es handelt sich dagegen nicht um "dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit" i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 BerHG, wenn Ehegatten die Gewährung von Beratungshilfe jeweils für die Durchführung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens stellen, also mehrere Schuldner vorhanden sind.[10]

Zur Frage der beratungshilferechtlichen Angelegenheiten vgl. ferner Vor VV 2.5 Rdn 57 ff. und § 55 Rdn 148 ff.

[10] OLG Frankfurt 8.6.2009 – 20 W 154/09; AG Oldenburg 28.12.2007 – 17 II 423/06 – 940; Riedel/Sußbauer/H. Schneider, RVG, VV 2504–2507 Rn 9.

II. Anwaltliche Tätigkeit

1. Zielrichtung ist entscheidend

 

Rz. 6

Die Entstehung der Gebühr nach VV 2504 setzt voraus, dass der Anwalt eine Tätigkeit entfaltet, die auf die Erstellung eines Plans zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Grundlage zur Herbeiführung einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern gerichtet ist. Für die Entstehung der Gebühr ist nicht erforderlich, dass ein schriftlicher Schuldenbereinigungsplan, der auch die Gläubiger schon erkennen lässt, schon vollständig erstellt ist.[11] Denn Voraussetzung ist nach VV 2504 nur, dass die anwaltliche Tätigkeit dieses Ziel hat. Allerdings muss die anwaltliche Tätigkeit zumindest eine Ausarbeitung erkennen lassen, welche wenigstens in einzelnen konzeptionellen Elementen das ernsthafte Bemühen für die Schuldnerseite erkennen lässt, eine Verhandlungsbasis gegenüber der Gläubigerseite für eine einvernehmliche Lösung anzubieten.[12]

 

Rz. 7

Die anwaltliche Tätigkeit muss sich auf einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch, der eine gewisse Gesamtschau der Forderungen jedenfalls im Ansatz einschließlich irgendwie gearteter ergebnisorientierter Überlegungen zum Lösungsvorschlag enthält, beziehen.[13] Diese Anforderungen erfüllt ein lediglich Erkundungen einziehendes Einzelschreiben keinesfalls.[14] Nicht verbundene Einzelschreiben des Rechtsanwalts an die einzelnen Gläubiger des Beratungshilfemandanten, die jeweils nur einen Vorschlag bezüglich der sie betreffenden Forderung erhalten, stellen keinen Plan i.S.v. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar und machen die Entstehung der erhöhten Geschäftsgebühren nicht unbedingt glaubhaft.[15]

[11] A.A. KG RVGreport 2008, 388 = JurBüro 2008, 591; AG Darmstadt 23.8.2012 – 3 UR 1030/12.
[13] OLG Frankfurt JurBüro 2008, 422.
[14] OLG Frankfurt JurBüro 2008, 422.
[15] Vgl. LG Hannover JurBüro 2007, 251.

2. Nullplan

 

Rz. 8

Ebenfalls genügt es nach umstrittener Auffassung nicht, wenn der Anwalt den Gläubigern nur einen sog. starren Nullplan mit dem Erklärungsgehalt des Schuldners "Ich zahle jetzt und auch später – nichts!" übermittelt hat,[16] unabhängig von der weiteren Rechtsfrage, ob ein starrer Nullplan überhaupt eine zulässige Grundlage eines Schuldenbereinigungsverfahrens nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO sein kann.[17] Dasselbe gilt für einen sogenannten flexiblen Nullplan ohne Befriedigungsperspektive.[18] Ein "Fast-Nullplan" wird dagegen als ausreichend anzusehen sein, weil er den Gläubigern eine Befriedigungsperspektive schafft.[19]

 

Rz. 9

Nachdem der BGH[20] festgestellt hat, dass im Schuldenbereinigungsplanverfahren auch die Vorlage eines Nullplans oder eines Fast-Nullplans zulässig ist, dürfte viel dafür sprechen, dass zur Herstellung eines Gleichklangs zwischen (Insolvenz-)Verfahrensrecht und Anwalts-Gebührenrecht die erhöhten Geschäftsgebühren nach VV 2504 ff. auch bei Nullplänen anfallen.[21] Außerdem weist das OLG Stuttgart[22] zutreffend darauf hin, dass die Auslegung der Vergütungsvorschriften für den Urkundsbeamten (§ 55) im Alltagsgeschäft praktikabel sein muss. Gerade die Prüfung einer Befriedigungsperspektive wird mit den im Festsetzungsverfahren verfügbaren Mitteln nicht regelmäßig mit vertretbarem Aufwand leistbar sein.

[16] OLG Stuttgart 13.11.2012 – 8 W 399/12, aber aufgegeben OLG Stuttgart 8.2.2019 – 8 W 236/17, bei Angebot eines Nullplans bei ungewisser Zukunftsperspektive; OLG Bamberg 6.8.2010 – 4 W 48/10; a.A. OLG Köln 13.7.2016 – I-17 W 85/16; OLG Nürnberg 21.11.2016 – 8 Wx 698/16; LG Verden 11.9.2009 – 3a T 96/09; LG Düsseldorf 25.4.2006 – 19 T 77/06.
[17] Vgl. insoweit MüKo-InsO/Ott/Vuia, § 305 InsO Rn 65 ff.
[18] OLG Stuttgart 29.1.2014 – 8 W 435/13, aber aufgegeben OLG Stuttgart 8.2.2019 – 8 W 236/17, bei Angebot eines Nullplans bei ungewisser Zukunftsperspektive; a.A. OLG Köln 13.7.2016 – I-17 W 85/16; OLG Nürn...

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