1. Stellung eines Antrags
Rz. 13
Die Reduzierung auf eine 0,5-Terminsgebühr erfolgt nach VV 3105 nur dann, wenn eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und durch den Rechtsanwalt lediglich ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils oder zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung gestellt wird. Die Reduzierung scheidet also – im Hinblick auf die im Gesetzeswortlaut verwendete Formulierung "lediglich" – in denjenigen Fällen aus, in denen der Anwalt im Termin mehr tut, als nur den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils bzw. zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung zu stellen.
Beispiel: Hat der Anwalt zunächst mit dem Gericht die Schlüssigkeit der Klage erörtert, erhält er auch dann eine 1,2-Terminsgebühr, wenn er anschließend ein Versäumnisurteil beantragt. Wird im Termin die Klage zurückgenommen, fällt ebenfalls eine 1,2-Terminsgebühr an, da der Anwalt keinen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt hat.
Die volle Terminsgebühr entsteht auch dann, wenn zunächst der Ablehnungsantrag des Gegners erörtert wird und erst nach Verkündung des Beschlusses zum Ablehnungsgesuch der Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt wird.
Rz. 14
Soweit sich die weitergehende Tätigkeit des Anwalts im Termin nur auf einen Teil des Gegenstands bezieht, ist nach zutreffender Meinung die Terminsgebühr für die Teilgegenstände differenziert unter Beachtung von § 15 Abs. 3 zu berechnen. Nach anderer Ansicht führt schon die Erörterung nur über Teilbeträge dazu, dass der Anwalt eine 1,2-Terminsgebühr aus dem vollen Hauptsachestreitwert erhält.
Beispiel: Es wird Klage über 10.000 EUR nebst 10 % Zinsen für ein Jahr erhoben. In der mündlichen Verhandlung erscheint der Beklagte ohne Anwalt. Das Gericht erörtert mit dem Klägervertreter den Zinsanspruch, woraufhin dieser die Zinsforderung auf 5 % reduziert. Sodann ergeht ein entsprechendes Versäumnisurteil.
Der Anwalt erhält eine 0,5-Terminsgebühr aus 10.000 EUR sowie eine 1,2-Terminsgebühr aus 1.000 EUR (Zinsanspruch), maximal jedoch eine 1,2-Terminsgebühr aus 10.000 EUR (§ 15 Abs. 3).
Rz. 15
Macht der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung keine Ausführungen zur Sach- oder Rechtslage und stellt auch keinen Antrag, trifft das Gericht aber von Amts wegen eine Entscheidung zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung, fällt eine reduzierte 0,5-Terminsgebühr durch die Regelung in Anm. Abs. 1 Nr. 1 an. Insofern ist es – soweit das Gericht von Amts wegen eine Entscheidung zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung trifft – für die Entstehung der Terminsgebühr unbeachtlich, welche Tätigkeit der anwesende Anwalt zuvor gemacht hat.
2. Erlass eines Versäumnisurteils
a) Tatsächlicher Erlass eines Versäumnisurteils
Rz. 16
Der tatsächliche Erlass eines Versäumnisurteils ist nach der Formulierung in VV 3105 nicht erforderlich, so dass die reduzierte 0,5-Terminsgebühr auch dann anfällt, wenn kein Versäumnisurteil ergeht, sondern nur der Antrag gestellt wird. Zwar findet sich in der Begründung zum Entwurf des RVG die Anmerkung, dass nur eine 0,5-Terminsgebühr entstehen soll, wenn ein Versäumnisurteil "ergeht". Diese Formulierung in der Begründung geht jedoch noch auf den Vorentwurf zum RVG vom 27.8.2003 zurück, in dem in der Tat in VV 3105 noch von einem "Ergehen" eines Versäumnisurteils die Rede war. Nachdem aber nunmehr in VV 3105 der Erlass des Versäumnisurteils nicht mehr erwähnt ist, ist nicht davon auszugehen, dass diesem Punkt eine eigenständige Bedeutung zukommt.
Rz. 17
Kommt es später zu einer Verhandlung in Anwesenheit auch des Beklagten oder seines Prozessbevollmächtigten, so greift die Gebühr nach VV 3104 wieder ein.
Beispiel: Es ergeht aufgrund Säumnis des Beklagten im amtsgerichtlichen Termin ein Versäumnisurteil. Nach Einlegung eines Einspruchs erscheint der Beklagte im zweiten Verhandlungstermin und es wird streitig verhandelt.
Die zunächst für die Tätigkeit im Säumnisverfahren ergangene 0,5-Terminsgebühr erstarkt durch die nachfolgende Verhandlung in Anwesenheit des Beklagten zu einer 1,2-Ter...