Rz. 75

Beauftragt der Berufungsgegner seinen Anwalt, nachdem die Berufung bereits zurückgenommen worden ist, war dies bei objektiver Betrachtung nicht mehr notwendig. Der BGH hatte daher zunächst in diesem Fall eine Kostenerstattung abgelehnt.[51] Die Entscheidung wurde teilweise von einigen Instanzgerichten und in der Literatur deutlich kritisiert. Reicht der Berufungsbeklagte in unverschuldeter Unkenntnis der zwischenzeitlich erfolgten Rechtsmittelrücknahme eine Berufungserwiderung ein, stehe ihm gegen den Berufungsführer ein Anspruch auf Erstattung der vollen Verfahrensgebühr nach VV 3200 zu.[52] Inzwischen folgt der BGH zu Recht der Auffassung, dass nicht der rein objektive Maßstab maßgeblich ist. Abzustellen ist auf die Sicht der Partei in der konkreten prozessualen Situation und dann zu beurteilen, ob ein objektiver Betrachter aus diesem Blickwinkel die Sachdienlichkeit bejahen würde. Die Notwendigkeit bestimme sich daher aus der "verobjektivierten" ex-ante-Sicht der jeweiligen Prozesspartei. Erfolgt die Maßnahme daher in Unkenntnis der Rücknahme, ist die Erstattungsfähigkeit zu bejahen.[53]

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