1. Allgemeines
Rz. 8
Der Rechtsanwalt erhält die Gebühr für die Tätigkeit im Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids. Der Gesetzeswortlaut der Vorschrift des VV 3308 ist inhaltlich identisch mit dem der Regelung in VV 3305. Danach reicht jede Tätigkeit nach Erteilung des Auftrags zur Erwirkung des Vollstreckungsbescheids aus, die Gebühr i.H.v. 0,5 erwachsen zu lassen. Der Ansicht, dass die Gebühr erst entstehen soll mit dem Eingang des Antrags auf Erlass des Vollstreckungsbescheids bei Gericht, ist nicht zu folgen. Dem steht auch der eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen, wonach die Gebühr schon für die Tätigkeit "im Verfahren" über den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids entsteht.
Rz. 9
Die Erteilung des Auftrags kann nach vereinzelter Auffassung schon vor Ablauf der Widerspruchsfrist erfolgen, dann jedoch nur aufschiebend bedingt. Nach hiesiger Auffassung ist eine entsprechende Auftragserteilung erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist zulässig. Der Antrag selbst kann erst nach Ablauf der Frist gestellt werden. Wird der Prozessbevollmächtigte nach Erhalt des Auftrags tätig mit dem Ziel der Beantragung eines Vollstreckungsbescheids, verdient er die 0,5-Verfahrensgebühr nach VV 3308.
Rz. 10
Endigt der Auftrag, bevor der Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids eingereicht worden ist, so kann VV 3101 Nr. 1 nach dem vorher Gesagten keine Anwendung finden, da die Gebühr nach VV 3308 bereits mit jeder Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten i.H.v. 0,5 Gebühren angefallen ist. Eine Ermäßigung der Gebühr findet mangels gesetzlicher Regelung nicht statt.
Rz. 11
Stellt der Rechtsanwalt in Unkenntnis eines fristgerecht eingelegten Widerspruchs nach Ablauf der Frist den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids, entsteht die Gebühr nach VV 3308 nicht. Da der Widerspruch innerhalb der dem Antragsgegner gesetzten Frist des § 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO eingelegt worden ist, mithin rechtzeitig war, hilft es dem Rechtsanwalt des Antragstellers auch nicht, dass er diese Frist abgewartet hat.
2. Verfahrensgebühr (VV 3308)
a) Vertretung im Verfahren über den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids und Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids
Rz. 12
Vertritt der Anwalt seinen Mandanten im Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids, erhält er neben der Verfahrensgebühr nach VV 3305 eine weitere 0,5-Verfahrensgebühr nach VV 3308. Diese Gebühr entsteht neben der Gebühr der VV 3305 (Anm. zu VV 3308); eine Kürzung der Verfahrensgebühren nach § 15 Abs. 3 kommt nicht in Betracht. Voraussetzung ist allerdings, dass innerhalb der Widerspruchsfrist – gemeint ist die Zwei-Wochen-Frist des § 692 Nr. 3 ZPO – kein Widerspruch erhoben oder der Widerspruch gemäß § 703a Abs. 2 Nr. 4 ZPO beschränkt worden ist.
Beispiel: Der Anwalt erwirkt für den Mandanten einen Mahnbescheid über 10.000 EUR und anschließend einen Vollstreckungsbescheid.
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305 (Wert: 10.000 EUR) |
|
614,00 EUR |
2. |
0,5-Verfahrensgebühr, VV 3308 (Wert: 10.000 EUR) |
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307,00 EUR |
3. |
Auslagenpauschale, 7002 |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
941,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
178,79 EUR |
Gesamt |
|
1.119,79 EUR |
Rz. 13
Die Verfahrensgebühr der VV 3308 entsteht auch dann, wenn der Anwalt des Antragstellers nach Ablauf der Widerspruchsfrist den Erlass eines Vollstreckungsbescheids beantragt hat, der Antragsgegner aber nach Ablauf der Widerspruchsfrist und vor Erlass des Vollstreckungsbescheids dann doch noch Widerspruch einlegt, so dass der Vollstreckungsbescheid nicht mehr ergeht. Gleiches gilt, wenn der Antragsgegner den Widerspruch zurücknimmt und hiernach ein Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids gestellt wird oder wenn jetzt ein zuvor gestellter Antrag wirksam wird.
Beispiel: Der Anwalt erwirkt für den Mandanten einen Mahnbescheid über 10.000 EUR. Nach Ablauf der zwei Wochen beantragt er den Erlass eines Vollstreckungsbescheids. Dieser wird nicht mehr erlassen, da vor dem Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids noch ein verspäteter – gleichwohl aber nach §§ 696 Abs. 1, 700 Abs. 1, 331 Abs. 3 S. 1 ZPO zu beachtender – Widerspruch des Antragsgegners eingeht.
Die Gebühr nach VV 3308 entsteht mit Antragstellung nach Ablauf der Widerspruchsfrist von zwei Wochen, sofern noch kein Widerspruch eingelegt ist. Auch wenn der Vollstreckungsbescheid nicht mehr erlassen wird, kann die bereits mit dem Antrag entstandene Vollstreckungsbescheidgebühr nicht mehr nachträglich entfallen (§ 15 Abs. 4).
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305 (Wert: 10.000 EUR) |
|
614,00 EUR |
2. |
0,5-Verfahrensgebühr, VV 3308 (Wert: 10.000 EUR) |
|
307,00 EUR |
3. |
Auslagenpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
941,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
178,79 EUR |
Gesamt |
|
1.119,79 EUR |
Kein Fall nach VV 3308, sondern nach VV 3101 Nr. 1 liegt vor, wenn der Anwalt erst bestellt wird, nachdem der Kläger nach Einspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid selbst die Klage begründet und das Gericht Termin zur mündlichen Verhandlung ...